Die Frau, die Jesus liebte

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Maria Regina Pisa erzählt die berühmteste Geschichte der Welt aus einer neuen, weiblichen Perspektive.

Die Geschichte von Jesus darf als bekannt vorausgesetzt werden. Wenn sie, ohne verändert worden zu sein, plötzlich doch neu erscheint, ist dies eine Überraschung. Sie erwartet den Leser in der fiktiven Autobiographie der Maria von Magdala: "Ich habe ihn geliebt". Die 1925 geborene Journalistin Maria Regina Pisa schlüpft in die Person von Maria Magdalena und findet einen dem Thema entsprechenden, natürlichen Erzählduktus. "Mein Name ist Maria. Ich stamme aus Magdala, eine Gemeinde am Ufer des Sees Genesareth, nicht gerade bedeutend, aber so groß wie Kapharnaum, oder wie eine der anderen Seegemeinden, ist sie immer noch. Nur Tiberias ist größer".

So einfach ist der Zeitsprung vollzogen. Maria will auch einmal den Reichtum des "Schönlings" sehen, gut essen und folgt daher der Einladung des Weiberhelden. Da er auch die Frau des Bürgermeisters verführt hat und der Zorn sich nicht an ihr entladen kann, bietet sich für den Vorsteher der Gemeinde Maria als passender Blitzableiter geradezu an. Vertrieben aus dem Ort, abgestempelt als Ehebrecherin und ausgestoßen streift Maria durch die Gegend und schläft im Freien. "Ich aß Kräuter und die Früchte der Felder wie Zwiebel und Knoblauch. Doch das war nur zum Beruhigen des Magens, Nahrung war es keine. Mein Körper zehrte von sich selbst."

Auf einem Meilenstein am Rande der Uferstraße sitzend, sieht sie einen kleinen Trupp von Männern. "Einer ging nach Rabbinerart voraus, seine Schüler folgten ihm nach." Maria zieht mit dem "Meister" mit, übernimmt die Versorgung der Gruppe und von nun an gibt es nicht mehr nur den grauslichen Mehlpapp aus Gerstenmehl zu essen. Der Meister predigt am Sabbat in der Synagoge und die Leute staunen. "Nie noch hatten sie jemanden so reden gehört. Alles, was er sagt, war neu für sie. Er spricht wie einer der Macht hat, sagten sie."

Die Art des Erzählens, die so viele reale Bezugspunkte wie notwendig bereit hält, seien es nun die Geografie oder das Essen, schafft beim Leser eine Vertrautheit, die Unerklärbares oder Wunder möglich erscheinen lässt. Esoterik mit religionshistorischen Bezügen und eine Erinnerung an Paul Coelho, bevor dieser peinlich und banal zu schreiben begann, werden wach.

Die Autorin legt in ihrer Sicht der Entwicklung von Jesus Wert auf seine jüdischen Wurzeln, zeigt aber auch das Revolutionäre, wie zum Beispiel die Ablehnung der 248 Gebote und 365 Verbote. "Der Buchstabe tötet, der Geist belebt, war seine Überzeugung und das hat bei manchen Leuten Unmut erregt." Maria ist eine Zeitzeugin und wundert sich: "Wer war er, dass er ein Gebot aussprechen konnte, als sei er Moses. Oft hat er gesagt: Es steht geschrieben, ich aber sage euch ..."

In dieser Geschichte wird klar, dass es eine Frau war, die Jesus bis zum Schluss die Treue gehalten hat, während seine Jünger sich versteckten. "Am Sabbat sind alle gekommen, einer nach dem anderen sind die Schüler gekommen, mit hängenden Schultern und gesenkten Köpfen. Sie wagten es nicht, uns ins Gesicht zu sehen. Und es war auch richtig so, dass sie sich vor uns Frauen schämten, dieser Haufen von Feiglingen." Es war auch eine Frau, die von der Auferstehung berichtet: Petrus und Johannes sind nur gekommen, um zu sehen, "dass alles so war, wie die Frauen gesagt hatten."

Gegen Ende verliert die Geschichte etwas an Spannkraft, der Heilige Geist und der Aufbau der "Urgemeinde" verlangen einen weiten Bogen, der gespannt werden muss. "So ist alles in unserer Gemeinde geradezu überirdisch schön und harmonisch. Das Kommando bei allen irdischen Belangen habe ich. Ich bin bei allen beliebt und die Armen verehren mich. Ich aber habe nichts mehr für sie übrig. In meiner Seele ist kein Platz für Gefühl. Meine Seele ist grau und randvoll mit der Sehnsucht nach dem Meister." So endet dieses schmale Bändchen.

Ich habe ihn geliebt

Die Autobiographie der Maria von Magdala. Von Maria Regina Pisa.

Edition Atelier, Wien 2001

93 Seiten, geb., öS 220,-/e 15,99

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