Die Freiheit steht auf dem Spiel

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Netzwerkkritker Armin Medosch erzählte der Furche, warum es wichtig ist, dass man die Möglichkeit hat, sich mit Hilfe einer Antenne in ein freies Funknetz zu hängen: Es geht um die Werte der Pionierzeit des Internets.

Die Furche: Drahtlose Funkverbindungen, so genannte Bürgernetze, mit denen Menschen untereinander Informationen austauschen können und auch eine Verbindung mit dem Internet möglich ist, definieren sich oft als frei aber nicht gratis. Was bedeutet das?

Armin Medosch: Diese Definition von Freiheit kommt von Richard Stallmann, dem Begründer der Idee der freien Software. Diese Software ist auf mehreren Ebenen frei: sie kann gratis bezogen werden, nach eigenen Wünschen verändert und weitergegeben werden, weil der Quellcode für alle einsehbar ist. Ein Äquivalent zum freien Quellcode ist bei den Bürgernetzen nicht gegeben. Freiheit stellt sich hier in Form von Netzfreiheit dar, das bedeutet, dass Kommunikationsfreiheit herrscht. Die Teilnehmer zensurieren die gesendeten Informationen nicht und bauen keine Hürden für die Sendung von Informationen auf.

Die Furche: Aber auch in einem freien Funknetz ist man nur so frei, wie es einem das Gesetz erlaubt.

Medosch: Die Gesetze können immer auf mehrere Arten ausgelegt werden. Die Frage ist: Ist alles erlaubt, was nicht explizit verboten ist, oder ist alles verboten, was nicht explizit erlaubt ist? Wir leben doch in einer Demokratie - so hoffe ich doch -, und hier sollte alles erlaubt sein, was nicht explizit verboten ist.

Die Furche: Die Mehrheit der Menschen beziehen ihren Internetzugang aber über Firmen …

Medosch: … und deren Nutzungsbedingungen schränken die User sehr stark ein. Und das ist ja der Witz dabei. Viele der so genannten Breitband-Anbieter verbieten ihren Privat-Kunden, zu Hause ein Netzwerk zu betreiben. Das ist eine Frechheit, denn das widerspricht dem Grundprinzip, auf dem das Internet aufgebaut ist: der Verbindungsfreiheit, und die ist Teil der Meinungsfreiheit.

Die Furche: Das heißt die Bürgernetze können helfen die verloren gegangene Freiheit im Internet wiederherzustellen?

Medosch: Es ist so, dass am Anfang des Internets das Versprechen stand, dass sich jeder frei ausdrücken darf. Das kann man aber nur dann, wenn man auch die Infrastruktur selbst besitzt. Es ist ein wichtiges Recht, einen eigenen Server betreiben zu dürfen. Zusätzlich muss man sich das auch leisten können. Die Freiheit im Netz ist an den Besitz gebunden.

Die Furche: Warum ist der eigene Server so wichtig?

Medosch: Weil mir dadurch niemand vorschreiben kann, welche Informationen ich darüber verbreite, sei es über ein Weblog oder über eine Homepage. Niemand kann die Firma, über dessen Server ich den Weblog betreibe, anhalten, meinen Account zu sperren, weil ich unliebsame politische Meinungen darüber verbreite. Denn da ist dann keine Firma involviert, wenn der Server mir gehört.

Die Furche: Ist das nicht vielen Menschen egal? Die Hardware und die Breitband-Anschlüsse werden immer günstiger. Warum den Aufwand betreiben und eine eigene Funkantenne aufs Dach stellen?

Medosch: Weil das Bedürfnis nach überwachungsfreien Netzen steigt. Es gibt ja zum einen die Überwachung im Netz aus politischen Gründen, aber auch die auf Grund des Verdachtes von Urheberrechts-Verletzungen. Diesen Generalverdacht werden sich die Leute irgendwann nicht mehr gefallen lassen. Die Bürgernetze können da eine Alternative sein.

Die Furche: Wenn ein Staat aber zum Beispiel das Tauschen von Musikdateien verbietet, dann ist das ja wohl auch in einem Bürgernetz so.

Medosch: Das ist noch nicht ausgefochten, denn ein Bürgernetz steht unter der alleinigen Kontrolle der Betreiber, darin hat die Musikindustrie nichts verloren. Es gibt ja immer noch das Recht auf die Privatkopie, und man darf in einem Freundschaftsnetz auch Dinge austauschen, die urheberrechtlich geschützt sind. Den Industrien, in denen Urheberrecht ein Thema ist, ist es sehr gut gelungen die Politik derart "einzukaufen", dass zunächst die Gesetze geändert wurden, und dass darüber hinaus die Leute so eingeschüchtert sind, dass sie meinen, dass eh schon alles verboten ist.

Die Furche: Der staatlichen Überwachung zu entgehen, ist aber nicht nur in Österreich ein Thema.

Medosch: Gerade für Länder, die sich am Rande einer Diktatur befinden, sind Bürgernetze ideal, um regierungskontrollierte Netze zu umgehen.

Die Furche: Das klingt nach schöner heiler Welt. Werden die Bürgernetze aber je breitenwirksam?

Medosch: Die Funknetze sind sicher noch eine Minderheit. Aber alle Bestrebungen global zusammen gezählt, stellen keine Minderheit mehr dar. Die Open-Source-Idee wird nicht nur von Firmen wie IBM oder Sun, sondern auch von Regierungen unterstützt. Das ist der neue Mainstream. Das Microsoft-Modell wird zum Auslauf-Modell.

Das Gespräch führte

Thomas Meickl.

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