Die gegenderten Eltern

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Über Rollenbilder, Männer, Frauen, Väter, Mütter: Alles eine Frage der subjektiven Orientierung, wenn man dem Zeitgeist folgt. - Anmerkungen anlässlich des Vatertags.

Was gibt’s am Vatertag zu feiern? Er hat es leichter und gleichzeitig schwerer als der Muttertag. Zum einen steht er nicht unter Kitsch- und Überfrachtungsverdacht wie dieser, zum anderen freilich findet er auch weit weniger Beachtung. Wenn aber der Muttertag in gewisser Hinsicht ohnedies "nicht mehr zu retten“ ist, könnte man vielleicht dessen weniger berühmtes Pendant zum Anlass für einschlägige Grundsatzüberlegungen nehmen: zu Rollenbildern, Familie, Erziehung, Kindern …

Eigentlich müsste ja bereits die Unterscheidung von Vater- und Muttertag an sich als obsolet gelten. Denn die Protagonisten des Zeitgeistes blasen uns seit geraumer Zeit schon die Ohren voll, dass eine sogenannte "klassische“ Familie aus Vater, Mutter und Kind(ern) bestenfalls eine unter vielen - aber gewiss nicht die wünschenswerteste und damit irgendwelcher Privilegierungen würdige - Form des Zusammenlebens ist. So hat etwa Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, von Amts wegen in besonderer Weise dazu berufen, in dankenswerter Offenheit vor einiger Zeit erklärt, es sei "völlig egal“, ob ein Kind "Mama-Papa“ sagt oder "Mama-Mama“ oder "Papa-Papa“.

Nivellierung der Geschlechterdifferenz

Aber es griffe zu kurz, wollte man bei der Frage der gleichgeschlechtlichen Ehe stehenbleiben. Der Kern der soziopolitischen Agenda besteht vielmehr in der Nivellierung der Geschlechterdifferenz an sich. Dies bedeutet etwas gänzlich anderes, als die Einsicht, dass es bei Männern "weibliche“ und bei Frauen "männliche“ Anteile gibt, von Person zu Person unterschiedlich stark ausgeprägt. Sich dem zu verschließen, wäre nicht nur widersinnig, es manifestiert sich darin auch auf schöne Weise die Aufeinander-Bezogenheit, das Einander-Zugeordnetsein der Geschlechter. Das Programm, das läuft, hebt sich indes davon deutlich ab: Es basiert auf der Überzeugung, dass das Geschlecht keine biologische (natürliche), sondern eine soziologische Kategorie darstellt, und demgegenüber in der subjektiven Verfügungsmacht des einzelnen steht bzw. sich als Gegenstand soziotechnokratischer Umerziehungsfantasien eignet. Alles eine Frage der "Orientierung“ also. In dieser Perspektive muss dann jede Unterscheidung als Diskriminierung gelten - die solange zu bekämpfen sind, bis eben Unterscheidungen nicht mehr möglich sind. Dass dieser antidiskriminatorische Habitus, der den Mainstream in Politik und Medien längst prägt, selbst in höchstem Maße eine Diskriminierung - nämlich der Mehrheit - darstellt, wird dabei gerne übersehen.

Die Option eines dritten Geschlechts

In dieses Bild fügt sich perfekt eine Nachricht dieser Tage: Ein australisches Gericht hat entschieden, dass ein Mensch in amtlichen Formularen etwa von Standesämtern nicht als männlich oder weiblich eingeordnet werden muss. In australischen Pässen ist das schon lange möglich: Dort gibt es neben männlich und weiblich auch ein x für "intersexuell“. Nun gibt es gewiss medizinische Fälle von Personen, bei denen eine Zuordnung tatsächlich nicht möglich ist. Aber darum geht es nicht, sondern, wie das Michael Prüller in der Presse am Sonntag formuliert hat, darum " ob uns die Muster des Lebens und des Glücks vorgegeben sind - von Gott, vom Weltgeist, von der Natur -, oder ob wir uns das Wesen der Dinge selbst konstruieren können“.

Das genannte Beispiel ist auch insofern von Interesse, als hier an einem Einzel-, Sonder- oder Extremfall gewissermaßen ein Exempel statuiert werden soll. Auch dies lässt sich gesamtgesellschaftlich beobachten: Extreme werden im Zeichen der Antidiskriminierung zur Norm erklärt, womit freilich die Norm marginalisiert wird (und schließlich der Begriff "Norm“ an sich als überholt zu gelten hat). Womit sich wieder der Kreis zur Familienpolitik schließt. Vor lauter Egalität könnte bald wirklich alles "völlig egal“ sein.

rudolf.mitloehner@furche.at

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