In islamischen Kulturen ist es üblich, wenn jemand verstorben ist, dass man von der Wiederkehr des Verstorbenen zu Gott spricht. Dies impliziert jedoch, dass der Mensch mit seiner Geburt Gott verlässt; man müsste demzufolge zuerst sterben, um dann zu Gott zurückzukehren. Die Vorstellung vom ewigen Leben nach dem Tod wertet den Tod als "eigentliche Heimat“, auf Kosten des diesseitigen Lebens, auf. Diese Gedanken widersprechen jedoch der koranischen Vorstellung von einem nahen Gott, der selbst sagt: "Und wenn sie dich (Mohammed) nach mir fragen, sag ihnen, ich bin nah, ich folge dem Ruf des Rufenden“ (Koran, Sure 2, Vers 186).
Gott ist hier und jetzt, er ist immer da und er ist immer nah; Gott verlässt uns niemals, auch nicht wenn man sündigt. So sagt der Prophet Mohammed: "Gott streckt seine Arme der Vergebung am Tag denen entgegen, die in der Nacht gesündigt haben, und streckt seine Arme der Vergebung in der Nacht denen, die am Tag gesündigt haben.“
Es ist der Mensch, der Gott den Rücken kehrt, es ist der Mensch, der Gott verlassen will. Es ist aber auch der Mensch, der im Tod nach Gott sucht. Der Mensch hat dabei übersehen, dass Gott ihn die ganze Zeit anlächelt, ihm schon längst gesagt hat und sagt: "Ich liebe Dich“ - und nun auf seine Antwort wartet. Es ist der Mensch, der sich selbst heimatlos machen will, Gott aber versucht ihn in Liebe und Freiheit davon abzubringen.
* Der Autor ist Professor für Islamische Religionspädagogik an der Uni Münster
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