Die Hoffnung der „spirituell Wachen“

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Die globale Krise gehe tiefer, als Politik, Wirtschaft und Medien glauben machen. Daher haben die Organisatoren der „Weizer Pfingstvision“ 2009 den „Way of Hope“ gegründet. Im Oktober findet das nächste Großtreffen statt.

„Unsere Gesellschaft befindet sich an einem epochalen Übergang.“ Davon ist Fery Berger überzeugt. Die Wirtschafts- und Finanzkrise sei nur ein Symptom dessen, genauso wie die Krise der katholischen Kirche oder der Klimawandel. Dahinter liege eine tiefgreifende spirituelle Krise, die sich durch die gesamte Gesellschaft ziehe und vor allem in einem zu materiell geprägten Weltbild manifestiere. So viel zur Ausgangslage für Bergers „Weg der Hoffnung“.

Fery Berger, Koordinator der Weizer Pfingstvision, hat es sich 2009 zusammen mit vielen Unterstützern zur Aufgabe gemacht, Lösungsansätze für die gravierenden Probleme der Zeit zu finden. Das Ergebnis ist der sogenannte „Way of Hope“, der im Oktober zum zweiten Mal stattfindet. Berger beschreibt die Veranstaltung sowie die dadurch entstehende Bewegung als einen Versuch, „spirituell wache Menschen zusammenzuführen, die sich der globalen Krise bewusst sind und sich für einen grundlegenden Wandel der Gesellschaft engagieren wollen“. Ungeachtet ihrer Religion oder Weltanschauung, betont er immer wieder. Von einer „spirituellen Initiative für einen Wandel der Gesellschaft“ ist auch auf der Homepage die Rede.

Leicht gesagt, schwer zur erreichen

Das alles ist schwer zu erreichen. Fery Berger spart nicht mit großen Worten. Doch Diskussionsveranstaltungen wie diese haben nur dann einen Sinn, wenn ihnen auch Taten folgen. Gerade deshalb stellen sich im Kontext des „Way of Hope“ einige Fragen, die sich vor allem darum drehen, inwiefern eine derartige Veranstaltung ihren unglaublich großen Ansprüchen gerecht werden kann.

Was die Vielfalt unter den Diskussionsteilnehmern angeht, so bestätigt sich zumindest der Anspruch, für alle offen zu sein: Im Oktober werden Menschen mit prominenten Namen aufeinandertreffen, die auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben. Einige Beispiele dafür sind der ehemalige Minister Erwin Buchinger (SPÖ) und Erhard Busek (ÖVP), der frühere Attac-Sprecher Christian Felber, der Obmann der „Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen“, Tarafa Baghajati, oder Arun Gandhi, der Enkel von Mahatma Gandhi. Das breite Feld der Diskussionsteilnehmer bestätigt das, was Fery Berger erzählt: Religiöse und weltanschauliche Unterschiede sollen hier keine Rolle spielen, es gehe allein darum, gemeinsame Lösungen für die massiven Probleme der Gesellschaft auf der gemeinsamen Ebene der Spiritualität zu finden. Man muss wissen, wie Spiritualität hier gemeint ist, um diese gemeinsame Ebene nachvollziehen zu können.

Schwer zu fassen ist dieser Begriff der Spiritualität in diesem Kontext vor allem deshalb, weil er ausnahmslos in Verbindung mit allen Weltanschauungen gedacht wird. Also beispielsweise auch mit Atheisten. Was zunächst sehr schwammig klingt, ist für Fery Berger aber ganz einfach. Er fasst Spiritualität sehr breit auf, wie er anhand eines überspitzten Beispiels erläutert: „Auch ein Atheist kann durchaus spirituell zu Werke gehen, wenn er mit viel Elan gegen religiöse Menschen argumentiert.“ Spiritualität ist demnach beim „Way of Hope“ nicht nur als religiöses Empfinden zu verstehen. Spirituell wache Menschen sind, so Berger, „all jene, die an eine – wie auch immer geartete – Realität über dem Materiellen glauben“.

Diese Grundlage rückt das Ansinnen des „Way of Hope“ in ein anderes Licht: Es handelt sich keineswegs um eine religiöse Bewegung, sondern um einen Versuch, Menschen zusammenzubringen, die nicht nur an der Oberfläche der Krisensymptome kratzen, sondern versuchen wollen, dahinterzublicken.

Probleme sieht Berger vor allem in der „Flut von neuen Lebensweisen und Weltbildern, die uns zu überrollen drohen“. Gemeint ist damit zum Beispiel, dass die Gesellschaft mit dem rasanten technischen Fortschritt nicht mehr mitkommt, oder dass viel zu viele Menschen unter Stress oder sogar dem Burn-out-Syndrom leiden.

Gemeint sind aber auch greifbarere Dinge wie Massenarbeitslosigkeit oder der Klimawandel. All das sind für Berger Symptome des „epochalen Übergangs“, an dem sich die Gesellschaft befindet. Auch die aktuelle Krise der katholischen Kirche gehört dazu: „Wenn eine so große und historisch so wichtige Organisation wie die Kirche dermaßen daniederliegt, dann ist das für mich auf jeden Fall ein Symptom eines generellen Wandels in der Gesellschaft.“

Spiritualität als Mittel gegen grundlegende Probleme der Gesellschaft – bei diesem Thema scheut Berger den Vergleich mit großen Bewegungen der Vergangenheit nicht. „Auch die Basisbewegungen von Mahatma Gandhi und Martin Luther King waren zutiefst spirituell geprägt“, sagt er: „Was wir wirklich bräuchten, ist eine globale, gewaltfreie Basisbewegung.“ Größenwahnsinnig sei er aber dennoch nicht, denn Weiz sei nur ein kleiner Teil davon. „Wir sehen uns als eine von vielen derartigen Bewegungen auf der ganzen Welt und sind gerade dabei uns zu vernetzen.“

Dennoch, so erzählt er, sei im ersten Jahr schon viel passiert. Auf facebook, einem der wichtigsten Medien für diese globale Vernetzung, habe die Gruppe des „Way of Hope“ bereits mehr als 2000 Mitglieder.

„ Es liegt etwas in der Luft“

Die einzelnen „DialogAktionsForen“, die die Grundlage für die Diskussionen im Oktober bilden werden, sind das ganze Jahr über in Kontakt und arbeiten an verschiedenen Projekten. Angedacht ist da auch ein überkonfessionelles eucharistisches Fasten, also der Verzicht auf die Kommunion, als Protestaktion. „Wir treffen uns nicht nur einmal im Jahr, sondern sehen den „Way of Hope“ wirklich als dreijährigen durchgängigen Prozess“, bekräftigt Berger. Allein das Faktum, dass sich mittlerweile über 30 sogenannte Wegbegleiter/-innen gefunden hätten, die sich ehrenamtlich und vollkommen ohne Honorar für den „Way of Hope“ einsetzen, belege, so Berger, „dass da etwas in der Luft liegt“.

Die Welt retten wird man von Weiz aus also nicht, auch die großen Probleme der Zeit werden sich von hier aus nicht lösen lassen. Das wollen die Organisatoren des „Way of Hope“ aber auch gar nicht. Wenn man mit Berger spricht, hat man nicht das Gefühl, er sei größenwahnsinnig, sondern eher, dass er weiß, was er erreichen will: Menschen, die sich über eine nachhaltige Zukunft Gedanken machen wollen, zusammenzubringen. Das kann der „Way of Hope“ leisten, und es hört sich – vor allem aufgrund der Offenheit gegenüber allen Weltanschauungen – nach einer guten Ausgangsbasis an.

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