Sein Name war das Synonym für die "polnische Lobby" im Vatikan: Stanislaw Dziwisz, der engste Vertraute Johannes Pauls II., galt auch als Türöffner oder -verschließer für alle, die zum Papst wollten. Dass Karol Wojtyla "Don Stanislao", seinen Sekretär seit Krakauer Erzbischofszeiten, besonders schätzte, ist unbestritten: Ungewöhnlich für einen Papstsekretär wurde Dziwisz 1998 zum Bischof, später gar zum Erzbischof erhoben, und Gerüchte, er sei auch der Kardinal in pectore, also jener Purpurträger, dessen Name von Johannes Paul II. nicht veröffentlicht worden war, wollten nicht verstummen.
Dziwisz wurde vom verstorbenen Papst auch zum Testamentsvollstrecker bestimmt, doch über dieses Testament will Don Stanislao sich hinwegsetzen, zumindest über Karol Wojtylas Anweisung, seine unveröffentlichten Aufzeichnungen zu verbrennen.
Ob Geheimkardinal oder nicht, Dziwisz wird den Purpur jedenfalls bald erhalten, denn er ist der neue Erzbischof von Krakau, also der Nach-Nachfolger seines jahrzehntelangen Vorgesetzten. Mag sein, dass man den engsten Wojtyla-Vertrauten auf dessen einstigem Bischofsstuhl als logische Besetzung empfindet.
Aus österreichischer Perspektive bringt man der Aufwertung des früheren Papst-Intimus dennoch sehr gemischte Gefühle entgegen: Dziwisz galt als einer der vatikanischen Fürsprecher Kurt Krenns, und es gibt einige Anzeichen dafür, dass die diesbezüglichen Leiden der österreichischen Kirche durch die "polnische Seilschaft" verlängert wurden.
Außer Dziwisz zählen zu dieser Lobby auch der Papst- und Krennfreund Kardinal Jaworski von Lemberg sowie der polnische Theologe Tadeusz Stycze´n. Man konnte den Vatikan-Bulletins entnehmen, dass genau diese drei am Sterbebett Karol Wojtylas ausharrten - und nicht etwa der damalige Kardinaldekan Ratzinger.
Dass der neue Papst diese sehr, sehr konservative Lobby nun weiter stärkt, ist wohl ein eindeutiges Zeichen. otto.friedrich@furche.at
