Die Komödie triumphiert über die Opera seria

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Premiere von Richard Strauss' Oper "Adriadne auf Naxos" an der Wiener Volksoper: eine durch und durch gelungene Produktion, vom Publikum heftig akklamiert.

Wer bezahlt, schafft an: Mit diesem aus künstlerischer Sicht grausamen Faktum sieht sich in Richard Strauss' Oper "Ariadne auf Naxos" ein junger Komponist konfrontiert. Im Auftrag des reichsten Mannes von Wien hat er für eine Festlichkeit eine hochernste Oper komponiert, die nun aus Zeitgründen mit einer heiteren Commedia dell'arte-Produktion verschmolzen werden soll. Eine Oper, in der es um Oper geht: Nicht erst in seinem letzten Bühnenwerk "Capriccio", sondern schon in "Ariadne auf Naxos" beschäftigte sich Strauss mit den Bedingungen der Kunstproduktion.

Daniela Fally brilliert als Zerbinetta

Das 1916 in Wien uraufgeführte Werk steht nun seit Sonntag am Spielplan der Wiener Volksoper. Angesichts des jüngsten Flops mit Aubers "Fra Diavolo" war zu befürchten, dass sich die Volksoper mit der in jeder Hinsicht anspruchsvollen Strauss-Oper überheben könnte. Weit gefehlt. Die Premiere war ein gesanglich herausragendes Ereignis, das von einem begeisterten Publikum entsprechend bejubelt wurde. Abzusehen war, dass Daniela Fally als Zerbinetta brillieren würde. Mit welcher Lockerheit und mit welchem Witz die kometenhaft aufsteigende Sängerin die atemberaubenden Koloraturen ihrer Partie zum Besten gibt, ist von allererster Güte. Doch dass mit der in ihrer Heimat gefeierten, in unseren Breiten jedoch noch unbekannten US-amerikanischen Sopranistin Meagan Miller und mit Volksopernensemblemitglied Adrineh Simonian zwei weitere Sängerinnen eine Darbietung auf höchstem Niveau geben, war doch eine Überraschung. Das Volksopernorchester unter Axel Kober legt den Gesangskünstlern ein solides Fundament und überzeugt mitunter auch mit spielerischer Leichtigkeit.

Texttreue Inszenierung hat sich bewährt

Die opulente, texttreue Inszenierung von Josef Ernst Köpplinger hatte sich schon am Stadttheater Klagenfurt bewährt. Das Bühnenbild (Johannes Leiacker) versprüht mit Marmor und Messing den Prunk der zu Ende gehenden Monarchie. Die Figuren sind, was sie laut Libretto von Hugo von Hofmannsthal zu sein haben, vom k. u. k. Offizier bis zum Haushofmeister (Peter Mati´c in einer Sprechrolle). Nach dem Vorspiel nehmen Komponist (Adrineh Simonian) und Musiklehrer (Michael Kraus) in einer Loge Platz und verfolgen den seltsamen Zwitter aus schwerem antiken Stoff und leichter Muse, der sich im Anschluss entrollt. Mit wallenden Gewändern umsorgen drei Nymphen (Nicola Proksch, Eva Maria Riedl, Elisabeth Flechl) die zu Tode betrübte, auf einer einsamen Insel zurückgelassene Ariadne (Meagan Miller). Die aufmunternden, erotische Abenteuer als Ausweg aus dem Liebeskummer verheißenden Worte der koketten Zerbinetta erreichen die Trauernde nicht. Auch als diese ihre theoretischen Ausführungen mit Harlekin (Daniel Schmutzhard) in die Praxis umsetzt, bleibt Ariadne ungerührt. Erst die Ankunft des brünftigen Bacchus setzt ihrem Leid ein Ende - obwohl Ariadne ihn nur deshalb ranlässt, weil sie ihn anfänglich für den ersehnten Todesboten hält.

Des Tenors Selbstironie

Wenn der mit güldenem Lorbeer bekränzte Gott die rothaarige Diva am Ende in die Arme schließt, Tenor Michael Ende - dessen größte Stärke die Selbstironie ist - wahre Schwalle von schmachtendem Schmelz in den Äther ergießt und schließlich auch noch die Sterne am Firmament zu leuchten beginnen, dann ist zumindest in dieser Inszenierung klar, dass die Komödie über den ernsten Stoff triumphiert. Das letzte Wort hat ohnehin die Buffofigur Zerbinetta, die den Komponisten mit Bacchus' Lorbeerkranz krönt, um ihn anschließend an der Hand hinauszuführen. Regisseur Köpplinger lässt allerdings offen, ob der Komponist den Verlockungen der Liebe folgt, oder bei seiner Kunst verharrt.

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