Die Landschaft im Auge und im Herzen

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Als erste Institution präsentiert das Museum der Moderne in Salzburg das vielseitige Werk von Etel Adnan. Gezeigt werden nicht nur ihre malerischen Arbeiten, sondern auch eine Auswahl ihrer Publikationen. Die Künstlerin feiert am 24. Februar ihren 90. Geburtstag.

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Als erste Institution präsentiert das Museum der Moderne in Salzburg das vielseitige Werk von Etel Adnan. Gezeigt werden nicht nur ihre malerischen Arbeiten, sondern auch eine Auswahl ihrer Publikationen. Die Künstlerin feiert am 24. Februar ihren 90. Geburtstag.

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Schaut man sich im literarischen Werk der aus dem Libanon stammenden, heute in Paris lebenden Künstlerin Etel Adnan um, trifft man auf eine Dichterin, in der sich spirituelle Innenschau mit politischer Aufmerksamkeit trifft. Sie steht zu ihrem arabischen Erbe, und doch bezieht sie sich ebenso auf Traditionen der europäischen und amerikanischen Moderne, nicht verwunderlich bei einer Person, die in Kalifornien und New York ebenso zu Hause war wie in Paris und in der Toskana.

Als ihr die Sprache nicht mehr genügte, begann sie sich 1959 dem Schreiben gleichberechtigt der bildnerischen Kunst zu widmen. Seither ist ein enorm reiches Werk entstanden, das das Salzburger Museum der Moderne erstmals in Österreich in einer umfassenden Übersicht zeigt: "Berge schreiben". Als sie im Jahr 2012 in Kassel auf die "Documenta 13" eingeladen wurde, kam das einer Adelung im Kunstbetrieb gleich. Höchste Zeit also, sich mit ihr intensiver zu beschäftigen.

Seelenlandschaften

In der Reduktion, einer zurückgenommenen Bildsprache, die real gesehene Landschaften in aufeinanderstoßende Flächen verwandelt, schafft Etel Adnan Konzentrate von Harmonie. Politik speist sie in die Literatur ein, ihre zumeist kleinformatigen Ölbilder nehmen meditativen Charakter an. Ein Berg, der Himmel, Wolken und Sonne, ein Gewässer, Graslandschaften oder Wüstengebiete -sehr einfach, sehr klar rücken die zentralen Elemente von Lebenswelt ins Bild. Sie stehen als Chiffren der Existenz, als Kürzel einer Wirklichkeit, die recht gut ohne Menschen auskommt.

Man muss nicht wissen, dass eines ihrer Lieblingsmotive der sich in Kalifornien erhebende Mount Tamalpais ist, geht es ihr doch nicht um das bloße Abbild, sondern in einem sehr romantischen Sinn um die Darstellung von Seelenlandschaften. Und auf solche stößt sie überall, wo sie sich aufhält.

Befreiend und bannend zugleich

Eine Landschaft steht nicht für sich, sie macht etwas aus den Menschen, sie prägt sie, nimmt Einfluss auf ihre Haltung, ihre Gefühle, sogar ihr Denken. Bei Adnan kann man beobachten, wie befreiend sie sich auswirkt auf eine Persönlichkeit, die sich in Bann ziehen lässt von der Ausstrahlung der Natur, Kraft aus ihr bezieht durch die Fähigkeit der Versenkung. Mit einem rationalen künstlerischen Prozess, wie er Europäern so vertraut ist, hat das nichts gemein. Am 24. Februar feiert die Schriftstellerin und Künstlerin Etel Adnan ihren 90. Geburtstag. Vor kurzem erschien in der Edition Nautilus in Hamburg ein Band mit längeren zwischen Lyrik und Prosa changierenden Texten, die direkten Zugang in ihre sprachliche Verwandlungskunst gewährt: "Gespräche mit meiner Seele". Ein schmaler Band, der in seiner konzentrierten Dichte dem Leser viel Zeit abverlangt. Aber das verhält sich mit ihren Bildern nicht anders. Der Zauber entfaltet sich erst, wenn man vor ihnen steht und sich in Geduld übt, um mehr zu sehen als Farben, die ein Ensemble bilden. Farben und Flächen grenzen sich voneinander ab, führen einen stillen Selbstbehauptungskampf gegen die Vormachtbestrebungen ihrer Nachbarn und kommen doch ohne diese nicht aus. Von großer Ausgewogenheit präsentieren sich die Bilder, würde man nur ein kleines Element herausnehmen -die Ordnung wäre zerstört.

Harmonische Strukturen

Ordnung könnte das Stichwort abgeben für das literarische und bildnerische Werk Adnans. In ihren künstlerischen Arbeiten strebt Adnan Harmonie an, die der Natur geschuldet ist, die von sich heraus harmonische Strukturen schafft. Kommt der Mensch ins Spiel, wie wir es in ihren Büchern nachlesen dürfen, ist es vorbei mit der Ordnung, und Gewalt, Macht, Krieg und Aufruhr bekommen die Hoheit über das Dasein. Schön, dass sich in der Ausstellung der Prozess der Künstlerin von ihren Anfängen bis heute nachvollziehen lässt. Sie wird immer einfacher. Wirken die Arbeiten der früheren Zeit noch kleinteilig, aus zahlreichen Einzelteilen zusammengesetzt, herrscht inzwischen eine großzügigere, raumgreifende Gestaltung vor. Doch vom Konzept, in Landschaften Strukturen und Muster zu sehen, weicht sie nicht ab.

Etel Adnan. Berge schreiben Museum der Moderne Salzburg bis 8. März 2015, Di-So 10-18 Uhr, Mi -20 Uhr www.museumdermoderne.at

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