Missbrauch in der katholischen Kirche: Die Lawine erreicht Österreich – und Rom
Österreichs Bischöfe gaben sich, was den Umgang mit Missbrauch betrifft, gut gerüstet. Doch das kirchliche Agieren der letzten Tage strafte diese Einschätzung Lügen.
Österreichs Bischöfe gaben sich, was den Umgang mit Missbrauch betrifft, gut gerüstet. Doch das kirchliche Agieren der letzten Tage strafte diese Einschätzung Lügen.
Ob er erwarte, dass es in Österreich – analog zu Deutschland – zu „Dominoeffekten“ beim Aufkommen von sexuellen Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche kommen werde, und ob die österreichische Kirche gerüstet sei, damit adäquat umzugehen. So lautet die Frage der FURCHE an Kardinal Christoph Schönborn, als er sich letzten Freitag zum Abschluss der Frühjahrssession der Bischofskonferenz den Journalistenfragen stellte. Das Thema Nummer eins: Die Missbrauchsaffären im Umfeld der katholischen Kirche. Man sei gerüstet, so die Antwort des Kardinals, man habe die erforderlichen Maßnahmen getroffen und werde bis zum Sommer österreichweit einheitliche Standards und Regelungen in Sachen sexueller Missbrauch erarbeiten und beschließen. Immerhin sei Österreichs katholische Kirche durch den heilsamen Schock, den sie durch die Affäre „meines Vorgängers, Kardinal Groër“ erlitten habe, schon längst sensibilisiert.
Eine bislang noch nie gehörte Deutlichkeit
Warum es dann 15 Jahre gedauert hat, bis sich Österreichs Hirten auf eine gemeinsame Vorgangsweise verständigen wollten, war den Kardinalsworten nicht zu entnehmen. Helmut Schüller, der streitbare erste Leiter der Wiener Ombudsstelle für sexuellen Missbrauch, mahnt seit Jahr und Tag ein, dass es diese österreichweiten Standards geben müsse. Der Ärger darüber, dass es auch zehn Jahre nach der Affäre Groër diese Standards immer noch nicht gab, war einer der Gründe, dass Schüller 2005 die Leitung der Ombudsstelle abgab.
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