Die Legende der (politischen) Folk-Musik

Werbung
Werbung
Werbung

"Sag mir, wo die Blumen sind. Wo sind sie geblieben?": Mit diesen Zeilen beginnt eines der bekanntesten Protestlieder der jüngeren Geschichte ("Where have all the flowers gone?"). Der Schöpfer dieser von Hippies, Bürgerrechts-, Friedens- und Umweltaktivisten gesungenen Hymne, Pete Seeger, ist am 27. Jänner im Alter von 94 Jahren gestorben. Seeger war einer der wichtigsten Folkmusiker der USA, aber machte sich nicht nur als Sänger einen Namen, sondern als Chronist und Neuentdecker der US-Volksmusik. Nach einem abgebrochenen Soziologiestudium widmete sich der Sohn einer Musikerfamilie dem Sammeln jener Musik, die von den einfachen Leuten gesungen und gespielt wurde. In seinen eigenen Songs, die er zunächst als Mitglied der Almanac Singers sowie der Weavers zum Besten gab, solidarisierte er sich mit den Armen und Schwachen, den Ausgestoßenen.

Sein politisches Engagement brachte ihn ins gesellschaftliche Abseits: Er wurde Mitglied der kommunistischen Partei, verweigerte 1955 die Aussage vor dem berüchtigten Komitee für unamerikanische Umtriebe, musste deshalb ein Jahr im Gefängnis absitzen und wurde in den folgenden Jahren von den kommerziellen US-Medien boykottiert. Ein Fixstern hingegen war er in der um 1960 entstehenden New Yorker Folkszene (die kürzlich im Spielfilm "Inside Llewyn Davis" der Gebrüder Joel und Ethan Coen porträtiert wurde). Seeger war auch an der Gründung des populären Newport Folk Festival beteiligt, wo sich 1965 eine der sagenumwobensten Szenen der Popgeschichte ereignete: Als sein Schüler Bob Dylan dort zum Entsetzen des Publikums mit elektrisch verstärkter Gitarre auftrat - ein Frevel für die Verfechter der reinen Folk-Lehre - durchtrennte Seeger angeblich das Stromkabel mit einem Axthieb. Im hohen Alter wurde Seeger sogar noch die Anerkennung durch das Establishment zuteil. 1993 erhielt er den Grammy für sein Lebenswerk und 2009 trat er gemeinsam mit Bruce Springsteen bei der Amtseinführung von US-Präsident Barack Obama auf - mit seinem alten Banjo in der Hand und einer Wollmütze auf dem Kopf.

Wenn an irgendeinem Lagerfeuer jemand die Gitarre auspackt und zu singen beginnt, kommt früher oder später ein Lied, das Seeger geschrieben oder mit dem sein Name auf andere Weise verbunden ist: "Where have all the flowers gone?", "If I had a hammer" oder "We shall overcome", ein alter Gospel-Song, der von Seeger editiert und bearbeitet wurde und in der Interpretation von Joan Baez zum Welthit wurde.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung