Die Natur als große Lehrmeisterin

Werbung
Werbung
Werbung

Man lässt das weg, was nicht wichtig ist und man hält sich an die Natur. Und das werden jetzt viele Leute nicht verstehen: man hält sich so an die Natur, dass man die Natur neu erfindet. Ich erfinde die Natur neu und damit wird sie meine Natur." Was wie eine Rezeptur für Malerei klingt, bedeutete für Josef Mikl tatsächlich eine Art Zusammenfassung von mehreren Jahrzehnten Erfahrung als Maler. Trotzdem bleibt die "Fähigkeit, einfache Dinge einfach zu sehen, ohne sie zu simplifizieren", außerhalb der sprachlichen Beschreibbarkeit, quasi ein Geheimnis, das man ausschließlich an seinen Bildern erschauen kann. Am 29. März hat Josef Mikl sein Werk beendet und den Pinsel endgültig beiseite gelegt.

Josef Mikl wurde in eine schwierige Zeit hineingeboren. Politische Unruhen und Machtübernahmen, ein Weltkrieg und der entbehrungsreiche Wiederaufbau prägten seine Kinder- und Jugendjahre. Das war für ihn kein Hindernis, sich für die Malerei zu entscheiden. Für eine Malerei ohne Seitenblicke auf geschmäcklerische Geldbeschaffungsbilder, kompromisslos gegenüber allen Einflüsterungen von außen, seien es nun die großen kunstgeschichtlichen Vorbilder, oder seien es die Modemacher des Kunstmarktes. Stets blieb er dem Anspruch treu, dass seine Kunst seine ureigene Auseinandersetzung mit der Welt und mit sich selbst zu sein habe.

Galerie St. Stephan

Seine Ausbildung begann er zunächst an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt, anschließend studierte er bei Josef Dobrowsky an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Gemeinsam mit Hollegha, Prachensky und Rainer bildete er ab 1956 die Gruppe Galerie St. Stephan, und 1968 vertrat er Österreich bei der Biennale in Venedig. 1977 nahm er an der documenta 6 in Kassel teil, von 1969 bis 1997 war er Professor an der Akademie, zunächst als Leiter einer Meisterschule für Malerei und später als jener für Naturstudien.

Im Jahr 1990 erhielt er das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst, sein größtes Ensemble entstand ab 1992 in der Neugestaltung des Redoutensaals in der Wiener Hofburg. Im kirchlichen Bereich schuf Mikl Glasfenster für die Friedenskirche in Hiroshima und für die Pfarrkirchen Parsch und Lehen in Salzburg. Im Bildungshaus St. Virgil in Salzburg überzog er die Wände der Kapelle mit einem Motiv zur Emmausgeschichte, für einige Kirchen kümmerte er sich auch um liturgisches Gerät und um Messgewänder.

Die anschauliche Nähe zum Gegenstand, zur menschlichen Figur, zu den Landschaften, zu den kleinen Dingen aus seiner Umgebung erlaubte ihm, alles malerisch zu befreien. Die Natur als große Lehrmeisterin bewahrte die Arbeit von Josef Mikl stets davor, in ein bloßes Formenspiel abzugleiten. Gerade der Verzicht auf einen fotorealistischen Abklatsch führte zu jener unbeugsamen Qualität, die trotzdem den jeweiligen Gegenstand als plastisches Gefüge in seiner Materialität hervortreten lässt. Daher konnte Msgr. Otto Mauer ihn auch einen "Realisten" nennen. Angeeignet hatte sich Mikl diese untrügliche Sicherheit nicht zuletzt durch kontinuierliches Zeichnen nach der Natur. Die Schüler entließ er mit dem Hinweis in die Ferien, den Fotoapparat daheim zu lassen und alle Eindrücke nur mit dem Zeichenstift festzuhalten. Einer jener Tipps des Lehrers Josef Mikl, die passgenau zutrafen, und die man nun nur mehr beim Betrachten seiner Bilder beherzigen kann. Hartwig Bischof

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung