Die Österreicher: Um 160.000 Sauen zu schwer

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Bier, Fleisch (Schweinsbraten und Schnitzel) und Wein gehören zur traditionellen Ernährung der Österreicher, die zunehmende Anzahl von Herzinfarkten und Schlaganfällen sind Ausdruck der vielfach ungesunden Essgewohnheiten. Bier ist das nationale Lieblingsgetränk, der "Heurige" gehört zur Identität der Wiener, Wein erobert aber zunehmend auch die westlichen Bundesländer. Alkohol und fettes Fleisch, warnen die Asketen - bisher mit mäßigem Erfolg - haben viele Kalorien; deshalb ist ein Drittel der Bevölkerung übergewichtig.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Erhebung des Linzer Spectra-Institutes. Insgesamt 18 Millionen Kilogramm (etwa 160.000 Sauen zu je 110 Kilo) zu viel bringen die Österreicher angeblich auf die Waage. Jeder Zehnte ist wegen zu hohen Gewichts ernsthaft gefährdet. Adipositas wird die Krankheit medizinisch bezeichnet, die Fettleibigkeit, Fettsucht oder schweres Übergewicht bedeutet. Bei den über 50-jährigen ist fast jeder zweite zu dick, belegt die Studie.

Bluthochdruck, schlechte Blutfettwerte, erhöhtes Risiko zu Diabetes und Neigung zu Depressionen sind vielfach die Nebenwirkungen, an denen viele Übergewichtige leiden. Daher sei es wichtig, einen Arzt zu konsultieren und sich professionell untersuchen zu lassen, raten Ernährungsexperten. "Übergewicht sei eine Krankheit, die nur vom Mediziner richtig behandelt werden kann", betont die Ärztekammer in einer Aussendung.

Seit etwas mehr als zwei Jahren gibt es die Antifett-Pille "Xenical". Findet es der Arzt angebracht, kann er das Schlankheits-Medikament für das sogenannte Drei-Säulen-Konzept verschreiben. Dabei wird je nach Gesundheitszustand der Patienten eine Kombination aus Bewegung, richtiger Ernährung und der Einnahme von "Xenical" zusammengestellt. Allerdings wird die Wunderpille nur bei wirklich übergewichtigen Patienten verschrieben, die 20 bis 40 Kilogramm zuviel auf die Waage bringen.

Der Spectra-Studie steht allerdings eine Wiener Untersuchung von Schulärzten gegenüber, die feststellt, dass rund 15 Prozent der 14- bis 15-jährigen Schüler untergewichtig sind, knapp zwölf Prozent leiden an Übergewicht. "Man sieht immer nur die Probleme der Dicken", beklagt deshalb eine Expertin. Es gibt auch Stoffwechselstörungen, die Untergewicht und Magersucht zur Folge haben, ein Problem, das man oft übersieht Trotzdem: Leichte Küche hin, Trend zu vegetarischer Kost her - die Österreicher essen immer mehr Fleisch. Im vergangenen Jahr hat jeder Staatsbürger statistisch gesehen 99,4 Kilo Fleisch verdrückt, um 1,6 kg mehr als 1998. Das geht aus den Verbrauchsdaten 1999 der "Statistik Österreich" hervor. Zuletzt hat sich auch der Appetit auf Rindfleisch wieder verstärkt, nachdem es in den Jahren davor durch die BSE-Krise zu Rückgängen gekommen war.

100 Kilo pro Kopf Mit der Rekordmenge von beinahe 100 Kilo Fleisch pro Person und Jahr setzt sich der langjährige Trend zu immer größerer "Fleischesslust" ungebrochen fort. Im genannten Pro-Kopf-Verbrauch sind freilich auch Knochen, Sehnen und anderes Ungenießbares enthalten, so dass von dem statistischen Zentner letztlich nur zwei Drittel tatsächlich auf den Tellern landen.

An Beliebtheit hat im vergangenen Dezennium vor allem das Schweinefleisch gewonnen, während der Rindfleischverbrauch im langjährigen Vergleich eher stagniert hat. Derzeit erlebt der Tafelspitz allerdings eine Art Renaissance: Mit 19,3 kg pro Kopf und Nase (+ 0,8 kg) hat die Bevölkerung zum ersten Mal seit 1997 wieder mehr Rind verzehrt.

Essen und Trinken sind zunehmend auch Gegenstand medialen Interesses. Das Monatsmagazin "Falstaff" weiß über Nobelrestaurants, Spitzenweine, Diätrezepte und Biersortiments trefflich zu berichten,. "Medizin populär", größtes Gesundheitsmagazin des Landes und von der Österreichischen Ärztekammer herausgegeben, versucht der Ess- und Trinklust entgegenzusteuern, nicht selten mit drastischen Beispielen (Magenkrebs, Leberzirrhose).

Wie heißt es aber lapidar im neuen "Grünen Bericht"? "Zu einer gesunden Ernährung gehört sowohl eine angepasste Energieaufnahme über Makronährstoffe als auch eine adäquate Zufuhr von essentiellen Nährstoffen einschließlich Vitaminen, Mengen- und Spurenelementen, essentiellen Fettsäuren und essentiellen Aminosäuren."Agrarpolitisch prägnant meinte seinerzeit "Bauernminister" Günter Haiden (1976 bis 1986): "Was im Inland gegessen und getrunken wird, braucht nicht (teuer) exportiert zu werden."

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