Die Politik kriecht vor dem Boulevard

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Vergleiche mit Österreich sind unzulässig. So viel vorweg. Die Krone ist zwar hinter Bild und dem Londoner Boulevard-Trio Sun, Mail und Mirror die Nummer fünf unter Europas Tageszeitungen. Aber hierzulande könnte nie geschehen, was gerade globale Aufmerksamkeit auf die britische Medienszene lenkt. Die Krone ist auch nicht so schlimm wie die Yellow Press von der Insel.

Stimmt. Außerdem gehört Krone-Kritik zum guten Ton jener gesellschaftlichen Eliten, die dem Blatt die größte Akademiker-Reichweite aller heimischen Tageszeitungen bescheren. Und immerhin gibt es inzwischen mit Heute und Österreich dem Platzhirschen nicht ganz unähnliche Gazetten. Das sollte für gegenseitige Kontrolle genügen.

Entsprechend nett ist die Politik zum Austro-Boulevard: Ein offener Kanzler-Liebesbrief hier, ein Regierungsinserat dort: fein sein, beinanda bleib’n. Keine Spur von der mit Selbstkritik gewürzten Medienschelte britischer Mandatare. Wir sind die Insel der Seligen.

Doch in London kühlt die Politik auch erst ihr Mütchen, seit der Skandal um News Of The World es gefahrlos zulässt. Davor dienerte sie in parteiübergreifender Demut vor Zeitungszar Rupert Murdoch, dessen Auszug von der Fleet Street 1986 deren Niedergang markierte.

Dass im Soge des Boulevards die Qualitätspresse eher selbst zu Sündenfällen neigt, wenn auch die Krachmacher gesellschaftlich anerkannt sind, ist ein ausländisches Problem: "Zum Regieren brauche ich nur Bild, BamS und Glotze.“ (© Gerhard Schröder).

Doch in Deutschland gibt es kontinuierliche, konkurrierende, kontrollierende Medienberichterstattung - und neue massenpopuläre Public Watchdogs wie bildblog.de. Hierzulande dagegen sind transparente Medienpolitik und Medienjournalismus gleichermaßen Ausnahmefälle im Tagesgeschäft. Daheim bei News Of The World statt Heute in Österreich.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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