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Eine Hierarchie von Bauernführern, Konsumvereinsfilialleitern und drittrangigen Wichtigtuern, die bestenfalls das Durchschnittsniveau von Provinzadvokaten erreichen, lenkt heute das äußere Geschehen“, schrieb Kritiker Hans Weigel 1952 über unsere Politiker. Geändert hat sich nur wenig. Aus Bauernführern und Konsumvereinsfilialleitern wurden gekünstelte, Phrasen dreschende, sich unauffällig hinaufdienende, völlig austauschbare und profillose Parteisekretäre. Ihr Erfolgsrezept besteht darin, alles zu belassen wie es ist. Nur nicht ankommen an einem Pensionssystem, das der durch Korruption schwer verschuldete Staat ohnehin nicht mehr verkraften kann. Nur nichts ändern an alten Strukturen. Folgt ein Vorstoß wie etwa jener zur Gesamtschule, ist er nur wenig durchdacht und stößt alle Beteiligten ins Chaos. Dazu kommen noch halbherzig beschlossene Gesetze und Beschlüsse - vom Rauchverbot bis zur Rettungsgasse oder Begegnungszone.

Das "geistige Konzept“, die "österreichische Idee“, deren Mangel Weigel beklagte, wurden auch in den Jahren des Wohlstands nicht erarbeitet. Nur auf diesen, auf seinen Erhalt, waren die Konzepte ausgerichtet. Wir haben vergessen, wer wir sind, wohin wir uns entwickeln wollen. Jetzt sind wir von jenen Marionetten umgeben, die wir durch unsere Gleichgültigkeit selbst geschaffen haben. Wen sollen wir da wählen? Nicht hinzugehen würde nur bedeuten, unsere Demokratie leichtsinnig zu verspielen. Ich jedenfalls glaube an dieses Österreich, das durch seine Halbheiten und seine Selbstkritik immer an Größe gewonnen hat. Die, die sich ihr Österreich nicht schlecht reden lassen, haben von der wahren Größe und Komplexität dieses Landes keine Ahnung. Die scheiden für mich als Wähler aus. Ich übrigens weiß noch immer nicht, wen ich wählen werde, aber ich werde wählen.

Der Autor ist Kulturmoderator beim Privatsender ATV II

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