Die Rheintöchter greifen nach dem Ring

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Schon 2001 hatte sich der Stiftungsrat der Bayreuther Festspiele für Eva Wagner-Pasquier, die 1945 geborene Urenkelin des Komponisten Richard Wagner, als Leiterin des Festspielbetriebs ausgesprochen, damals hatte jedoch Vater Wolfgang Wagner auf seinen Vertrag "auf Lebenszeit" gepocht und einen Wechsel in der Führung der "Mutter aller Festspiele der Neuzeit" verhindert - und mehr noch: sogar seiner Tochter aus erster Ehe öffentlich "Unfähigkeit" vorgeworfen. Jetzt aber - der Stiftungsrat hat sich am Montag entschieden - wird sie doch an die Spitze des Unternehmens treten: gemeinsam mit ihrer Halbschwester Katharina Wagner - und nun auch vom Vater akzeptiert. Dazu musste es aber erst zur Aussöhnung von Tochter und Vater kommen und zum Rückzug eines Konzepts, das die Urenkelin bereits mit ihrer Cousine Nike, der Leiterin des Weimarer Kulturfestes, vorgelegt hatte; Nike Wagner (63) ist die Tochter des legendären Bayreuth-Neuerers Wieland Wagner, des früh verstorbenen Bruders von Wolfgang.

Komplizierte Familienverhältnisse herrschen in der Familie Wagner, schon immer hat es Streitigkeiten um die Führung des nacheinander von Richard, Cosima, Siegfried, Winifred, Wieland und Wolfgang Wagner geleiteten Festivals gegeben. Eva Wagner, seit 1977 mit dem Filmproduzenten Yves Pasquier verheiratet, war nach dem Tod ihres Onkels Wieland als Assistentin ihres Vaters in vielen Bereichen des Festspielbetriebs tätig. Nach der Scheidung ihrer Eltern kam es aber zum Bruch mit dem Vater, Eva verließ Bayreuth. Als künstlerische Leiterin bei der Münchner Produktionsfirma Unitel betreute sie fortan Opern- und Konzertfilme, war danach Operndirektorin in London, Programmdirektorin der Opéra Bastille in Paris und ist seit 1997 künstlerische Beraterin des Opernfestivals in Aix-en-Provence.

Den "Bayreuther Geist" neu beleben, die künstlerische Qualität steigern und die mediale Vermittlung und Vermarktung modernisieren - das sind die Anliegen von Eva Wagner-Pasquier in Zusammenarbeit mit ihrer Halbschwester Katharina. Sie, die Tochter aus der zweiten Ehe von Wolfgang mit seiner langjährigen, im vergangenen Jahr ganz plötzlich verstorbenen Mitarbeiterin Gudrun, hat Theaterwissenschaft studiert, war Regieassistentin in Bayreuth, Berlin und Tokio und hat 2002 ihr Regiedebüt in Würzburg gegeben - mit Wagners "Fliegendem Holländer". Wie damals hat sie auch mit ihren nachfolgenden Regiearbeiten nicht nur Lob und Begeisterung geerntet - so auch bei ihrer viel diskutierten Version der "Meistersinger von Nürnberg" 2007 in Bayreuth.

Inbegriff und Maßstab für die Umsetzung von Wagners Musikdramen - dafür soll Bayreuth nach dem Wunsch der Halbschwestern stehen. All die Befürchtungen von Wagnerianern, dass sich im Festspielbetrieb Wesentliches ändern könnte - von der abgelehnten Nike Wagner im Verein mit dem ehemaligen Salzburger Festspielchef Gerard Mortier hatte man solches erwartet - sind damit obsolet: Große Änderungen (sieht man davon ab, dass Eva und Katharina "nur" Zeitverträge erhalten werden) wird es nicht geben - hoffentlich aber wirklich die angesprochene Qualitätssteigerung. Gerade in Besetzungsfragen war Bayreuth zuletzt nur bedingt die erste Bühne in der Wagner-Pflege.

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