„Die richtig beste Freundin“

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Am 19. April hat der „Freischütz“ Premiere am „Theater an der Wien“. Mojca Erdmann, eine der erfolgreichsten jungen Sopranistinnen, singt das Ännchen.

Vor wenigen Wochen feierte Mojca Erdmann ihr Wiener Liederabenddebüt. Gespannt war sie auf den letzten Programmpunkt. Hier sang sie jenen Heine-Liederzyklus, den Aribert Reimann für sie komponiert hat. „Ich fand es ganz toll, dass er da war“, freute sie sich über seine Anwesenheit im Konzerthaus. Und selbstverständlich, dass der Komponist zufrieden war. Kennengelernt hatte sie ihn 2004 beim Festival Alpenklassik in Bad Reichenhall, wo sie Werke von Wolfgang Rihm sang.

Sopran I in „Dionysos“ in Salzburg

Er schrieb für sie das 70-minutige Monodrama „Proserpina“, das sie im Vorjahr in Schwetzingen uraufführte. Diesen Sommer steht die nächste Rihm-Herausforderung für die aus Hamburg stammende Sopranistin bevor: die Rolle des Soprans I in der Uraufführung von „Dionysos“, einem Auftragswerk der Salzburger Festspiele. Längst nutzt sie jede freie Minute, um diese Novität einzustudieren. „Es ist die Figur einer Ariadne“, charakterisiert sie ihren Part. „Es ist ordentlich was zu tun, eine tolle Musik. Ich sitze mit einem Mann im Boot und versuche, ihn zum Sprechen zu animieren, er aber antwortet nicht und rudert. Sehr mystisch.“ Generell schätzt sie an zeitgenössischer Musik, dass man nicht so festgelegt ist, was Interpretationen betrifft: „Man kann viel offener herangehen als Interpret und mehr eigene Farben hineinbringen.“

Mit Salzburg ist auch der Beginn der internationalen Karriere von Mojca Erdmann verbunden. Im Festspielsommer 2006 debütierte sie in der Titelrolle von Mozarts „Zaide“, im Jahr darauf feierte sie als Zelmira in Haydns „Armida“ den nächsten Erfolg. Dabei hat sie es auf Karriere gar nicht angelegt. „Ich liebe die Musik und den Beruf. Damit den Lebensunterhalt verdienen zu können, ist ein totales Geschenk. Wer kann schon von sich behaupten, dass er sein Hobby zum Beruf hat“, formuliert sie ihr persönliches Credo. Sie möchte Rollen und Konzerte singen, die zu ihr passen, „mit tollen Kollegen zusammen arbeiten und zu schönen Ergebnissen kommen. Wenn das alles noch an einem besonderen Ort passiert, ist das umso schöner.“

Musiker werden wollte die Tochter eines Komponisten, die mit drei Jahren im Kinderkirchenchor, mit sechs im Kinderopernchor der Hamburgischen Staatsoper sang, schon immer. Mit sechs begann sie Violine zu spielen, mit 14 Gesang zu studieren. Bis dahin hatte sie die Violine präferiert. Ihr Studium hat die Sopranistin übrigens nicht in ihrer Heimatstadt, sondern in Köln absolviert, denn sie wollte unbedingt ein Doppelstudium mit zwei Hauptfächern (in ihrem Fall Violine und Gesang) machen. Hans Sotin wurde ihr erster prägender Gesangslehrer. Schon im zweiten Studienjahr wurde sie Mitglied des Ensembles der Komischen Oper Berlin, fing dort mit kleinen Rollen an. Rasch folgten erste Gastengagements: an der Deutschen Oper Berlin, in Basel, am Nationaltheater Mannheim.

Auch Konzertveranstalter wurden bald auf sie aufmerksam. Mittlerweile war sie unter anderem Gast bei den Wiener und Berliner Philharmonikern, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem WDR Sinfonieorchester Köln, trat mit den Bamberger Symphonikern bei den Festspielen in Lucerne auf, sang im Amsterdamer Concertgebouw, gestaltete Liederabende in der Kölner Philharmonie oder bei der Schubertiade Schwarzenberg. Schließlich mag sie diese Mischung Oper und Konzert: „Man kann von jedem etwas in das andere Genre hinübernehmen.“

Keine unbekannte Rolle

Zu Silvester wird sie als Adele an der Bayerischen Staatsoper in München debütieren, im November 2011 als Zerlina an der New Yorker „Met“, wo sie später auch die Susanna und die „Rosenkavalier“-Sophie singen wird. Fixiert sind Arienplatten unter Andrea Marcon und Claudio Abbado und eine „Don Giovanni“-Einspielung unter Yannik Nézet-Séguin. Interessiert an ihr zeigt sich auch die Wiener Staatsoper.

Ihr Wiener Theaterdebüt feiert Mojca Erdmann schon kommende Woche im Theater an der Wien: als Ännchen, eine Rolle, die sie bereits an der Komischen Oper in Berlin gestaltete, in der von Bertrand de Billy dirigierten und von Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky inszenierten „Freischütz“-Neuproduktion. „Eine Optimistin, die richtig beste Freundin der Agathe. Wenn es ihr nicht gut geht, versucht sie alles, um sie aufzuheitern, nicht oberflächlich, sondern warmherzig, mit Freude“, erläutert sie ihr differenziertes Verständnis dieser sonst meist als blass missverstandenen Rolle. Man darf gespannt sein.

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