Die Schweiz zeigt, was Österreich fehlt

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Jahrbuch 2011 zur Qualität der Medien: eine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung des Angebotes aller | Medien unter allen relevanten Aspekten. Klarheit über die Definition von Qualität in den Medien.

Es gibt tatsächlich nichts Praktischeres als eine gute Theorie. Dieses Diktum Kants wird durch das Jahrbuch 2011 Qualität der Medien belegt. In dem auf alle Medien für alle drei Sprachen angelegten wissenschaftlichen Band wird - aus journalistisch-publizistischer Sicht des Rezensenten betrachtet - Klartext gesprochen, wie er in Österreich nicht zu lesen ist.

Kurt Imhof, ordentlicher Professor für Publizistikwissenschaft und Soziologie an der Universität Zürich, wird denn gleich zu Beginn des Bandes grundsätzlich: Im 5. Jahrhundert v. Chr. sei im Stadtstaat Athen die wirkungsmächtigste Utopie der Menschheit entstanden, nämlich die Idee, dass die freie öffentliche Kommunikation dem Menschen den "logos“, also Vernunft, Sinn und eine entsprechende Gesellschaft ermögliche. Die "unverstellte Achtung“, so zitiert Imhof Immanuel Kant, könne die Vernunft nur demjenigen bewilligen, der ihre "freie und öffentliche Prüfung hat aushalten können“. Nach rund 200 Jahren der Moderne "wissen wir, dass wir keine bessere Utopie haben“ schreibt Imhof. Nur eine freie Öffentlichkeit erlaube es, die drei "unabdingbaren Wahrnehmungsaufgaben der Demokratie zu lösen“: Diskussion der allgemeinverbindlich zu lösenden Probleme, Legitimations- und Kontrollfunktion gegenüber dem Rechtsstaat und Öffentlichkeit zur Selbstwahrnehmung der Bürgerinnen und Bürger. Genau darin lägen die Qualitätsansprüche auf Universalität, Objektivität, Ausgewogenheit und Relevanz der Periodika.

Demokratie ohne Diskurs?

Medienveranstalter, so die schweizerdeutsche Bezeichnung für Medienanbieter, könnten natürlich argumentieren, es sei nicht ihr Ziel, die von Wissenschaftern formulierten Qualitätskriterien zu erreichen. "Zugestanden!“, ruft Imhof aus, aber: Ein Zusammenhang zwischen Medien und Demokratie lasse sich wohl nicht bestreiten. Ohne den Beitrag der Medien sei Demokratie nicht lebbar, schon gar nicht die direkte. Daher wäre es fatal, würden sich die Medien aus dem reflektierenden, aufklärenden öffentlichen Diskurs abmelden. Kurt Imhof wörtlich: "Wenn sich aber die Bürgerinnen und Bürger immer mehr mit Hilfe von Gratismedien und von Onlinemedien informieren und wenn just diese Medien den reflektierenden, aufklärenden öffentlichen Diskurs nicht pflegen, dann hat die Demokratie ein Problem.“

Wie die Daten des Jahrbuches zeigen, nimmt die Auflage und Nutzung von Informationstiteln ab, am stärksten gilt dies für Informationssendungen des Fernsehens. Dort seien zudem "diejenigen Themen dominant vertreten“, in denen das Bild einer von ausländischen Akteuren bedrohten Schweiz gezeichnet werde.

Ein Fazit? In der Schweiz gibt es mit diesem Jahrbuch eine Grundlage für die zu führende Medien-Debatte. Österreich fehlt beides.

Jahrbuch 2011 Qualität der Medien

Schweiz - Suisse - Svizzera

Herausgeber: Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft, Universität Zürich; Schwabe, Basel, 2011.

566 Seiten, geb., € 54,00 (D)

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