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Der vergleichsweise geräuschlose Einstieg des größten Schweizer Medienhauses in Österreich ist ein Musterbeispiel für verzerrte Marktbeobachtung. Als die Neue Zürcher Zeitung 2015 ihr Nischenprojekt NZZ.at startete, war der Sturm im Wasserglas deutlich stärker als nun das Lüfterl um die Sperrminorität der Tamedia an Heute bei gleichzeitiger Mehrheitsübernahme von Heute.at. Diese Missachtung des Reichs der Eva Dichand ist typisch für die Unterschätzung des Genres. Arrogante Verniedlichung durch eingesessene Konkurrenz hat den Aufstieg der Gratis-Tageszeitungen begünstigt.

Heute ist in Wien längst schon die Zeitung mit den meisten Lesern. So wie 20 Minuten im Nu zum reichweitenstärksten Blatt in der Schweiz wurde - wo die NZZ seit jeher hinter dem Boulevard-Titel Blick liegt und auch weniger Publikum als der Tages-Anzeiger hat. Diese Zürcher Qualitätszeitung ist der Ursprung der Tamedia, die 2003 die unschlagbaren 20 Minuten gekauft hat. In Österreich läuft das anders. Hier sind die Herausgeber von Heute und Krone verheiratet. Tu felix austria?

Nicht ganz. Nach jahrelangem Rückgang wirkt die Krone stabilisiert, während Heute Leser verliert. Unterdessen holt krone.at an Online-Terrain auf, wo heute.at zurückhinkt. Doch nicht nur die herkömmliche Internet-Nutzung von 20 Minuten ist eher wegweisend für Heute (in Klammern) als die Print-Reichweite: Allein die deutschschweizer Ausgabe hat 460.000 Fans (105.000) auf Facebook und 290.000 Follower (7000) auf Twitter. Tamedia wird also als digitaler Entwicklungshelfer auftreten. Eva Dichand spricht schon vom Überholen des ORF im Web. Dazu müsste sie dort aber erst an der Krone vorbeiziehen. Wie diese mit der Funke-Gruppe hat Heute jetzt einen milliardenschweren Partner. Das innerfamiliäre Duell wird zum deutschschweizerischen Stellvertreter-Match in Österreich.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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