Die Tage der Cholera in Venedig

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Mit der englischsprachigen Aufführung von Benjamin Brittens "Death in Venice" ist dem Salzburger Landestheater eine international vorzeigbare Opernproduktion gelungen.

Die Benjamin-Britten-Serie am Landestheater Salzburg ist vollständig: Nach "Albert Herring" und "The Turn of the Screw" ist nun "Death in Venice" in einer zu Recht stark akklamierten englischsprachigen Aufführung zu sehen - ein Glanzpunkt dieser letzten Spielzeit des Intendanten Peter Dolder.

Regie in "Death in Venice" führt wie bei "Albert Herring" Stephen Medcalf, der eine genau zeichnende Inszenierung der Oper nach Thomas Manns Novelle "Tod in Venedig" (Libretto von Myfanwy Piper) auf die Bühne stellt, in deren Hintergrund das Mozarteum Orchester mitsamt dem reichen Schlagzeug-Instrumentarium postiert ist und unter Kai Röhrig eine höchst differenzierte und damit mehr als beachtenswerte Leistung hören ließ. Was im Vordergrund als Oberfläche der Handlung ablief, verdüsterte die elegische Musik zum Kontrast zwischen Apollo und Dionysos.

Homoerotische Neigung

Der alternde Schriftsteller Gustav von Aschenbach sucht am Lido von Venedig sich von seiner Erschöpfung - "Ich bin am Ende" - zu erholen und seine Schreibkraft wiederzugewinnen. Er sieht dort im Hotel den jungen Polen Tadzio, an dem er sich immer mehr entflammt, weil er glaubt, in ihm "endlich die vollkommene Form und Schönheit zu erkennen", um die er sein Dichterleben lang gerungen hat. Dass er sich dabei seiner homoerotischen Neigung immer mehr bewusst wird, deutet auf die Parallele zur Biografie Manns hin. Bei C. G. Jung findet sich der Hinweis, dass das Unbewusste der Zustand verdrängter oder vergessener Inhalte sei, wobei dann irgendwann das Bewusstsein mit einer Situation konfrontiert wird, der es nicht mehr gewachsen ist. Das zunächst Unerwartete, das beängstigend Chaotische enthüllt aber schließlich einen tieferen Sinn. Die von der venezianischen Stadtregierung vertuschte Cholera- Epidemie in der Lagune treibt die äußere Handlung voran und den erkrankten Aschenbach in den Tod.

Überzeugende Protagonisten

Mit der glänzenden Premierenbesetzung, dem Tenor Timothy Robinson als Aschenbach und dem stimmgewaltigen, sorgfältig phrasierenden Bariton Robert Poulton als Reisendem, Gondoliere, Hotelmanager und Stimme des Dionysos, hat das Landestheater eine auch international vorzeigbare Produktion auf die Bühne gestellt. Den stimmlosen Tadzio vertritt der Tänzer Alexander Korobko als den von Aschenbach angehimmelten Apoll; seinen Stimmpart gibt der Countertenor Bernhard Landauer mit ebenbürtiger Präzision zu den Protagonisten.

Der Chor des Landestheaters, das Tanztheater Ensemble, Kinder der Ballettschule sowie die Statisterie des Hauses tragen das Ihre zu dieser überzeugenden Premiere bei.

Jamie Vartan, verantwortlich für Kostüme und Bühnenbild, hat über den Orchestergraben den Lido mit einer Sandlandschaft imaginiert. Grelles und Buntes vermischen sich, Bedrohliches und Leichtlebiges stoßen aufeinander - Gustav von Aschenbach erlebt in den Tagen der Cholera Himmel und Hölle. Das Premierenpublikum zeigte sich enthusiasmiert.

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