Die Weisung einer Ministerin

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Da hat die Justizministerin doch wieder einmal dem Volke aus der Seele gesprochen und die Nichtstuer von der Staatsanwaltschaft zur Ordnung gerufen. Bringt endlich Ergebnisse in der Buwog-Sache und Ordnung in die Causa Neonazi-Homepage. Setzt endlich Termine für die Anklageerhebung anstatt jahrelang im Kreis zu ermitteln. Aktivität statt Aktenwälzen! Hat es das gebraucht? Wenn es nach der Justizministerin geht, sicherlich. Denn wie durch ein Wunder überschlugen sich die Behörden plötzlich nur so vor Hausdurchsuchungen und Verhaftungen in beiden Causen. Fast konnte man den Schluss ziehen, das Weisungsrecht der Ministerin gegenüber der Justiz sollte keinesfalls abgeschafft, sondern im Gegenteil verstärkt werden. Dort, wo der Besen Bandion-Ortner nämlich nicht kehrt, so die Botschaft, da schläft und schnarcht der Rechtsstaat.

Verlautbarungstaktik

Dass sich gegen solche Darstellung die per Eigendefinition unabhängige Staatsanwaltschaft mit allen zur Verfügung stehenden Argumenten wehrt, ist verständlich. Und nicht unpikant wird die Verlautbarungstaktik der Ministerin, wenn man weiß, dass die Buwog-Hausdurchsuchungen und die Verhaftung Gottfried Küssels ohnehin geplant waren.

Dazu kommt auch noch, dass die von der Ministerin eingeforderte laufende Berichterstattung der Ermittelnden an das Kabinett der Forderung der Ministerin nach Effizienz zuwiderläuft. Denn die Mehrarbeit der Staatsanwälte durch das Berichteschreiben vergeudet Ressourcen, anstatt das Verfahren zu dynamisieren. Was immer die Motive der in öffentlicher Bedrängnis befindlichen Ministerin sein mögen. Ob eine Selbstrettung vor der Entfernung aus dem Ministeramt oder der reine Wille zum Guten: Der Sache ist in keinem Fall gedient.

Wenn man schon über lahme Ermittlungen reden will, dann muss man gleichzeitig die vollständige Überforderung des Beamtenapparates mit in die Diskussion einbeziehen, die ja die Sache wohl entscheidend mitbeeinflusst. Wo keine Ermittler, da keine Ermittlungen, wo wenig Ermittler, da wenig Ermittlungen. Als jammervolles Beispiel sei die mit Pomp und Trara eingerichtete Korruptionsstaatsanwaltschaft zu nennen. Wir halten dort bei einer 25-prozentigen Unterbelegung. Von einer breitgestreuten fachlichen Expertise in Sachen Wirtschaftskriminalität kann in der Staatsanwaltschaft leider auch nicht die Rede sein. Man kann den Damen und Herren also gerne via Medien oder sonstwie einen Arbeitsukas erteilen. Das wird nur an der Situation nichts ändern.

Die Krise der Justiz

Wir sollten davon ausgehen können, dass die Gerichtsbarkeit zumindest seit den späten 70er-Jahren gut bis hervorragend funktioniert hat, wie an den Verfahren Noricum und Lucona abzulesen ist. Die Krise der Behörde beginnt eigentlich just mit dem Bawag-Prozess, dessen vorsitzende Richterin die Justizministerin selbst war.

Die Ermittlungen, die ihr heutiger Kabinettschef leitete, scheinen dabei von genau jener Hast geleitet worden zu sein, welche die Justizministerin nun von den Staatsanwälten in Buwog und Alpendonau einfordert. Gut hat das dem Verfahren nicht getan. Nicht umsonst wurde das Urteil vom OGH zerpflückt,wie noch kein anderes in einem Großverfahren der Zweiten Republik.

Dass nun gerade in diesem Fall die Richterin von einst die Staatsanwälte anweisen muss, wie diese mit den Einwänden zu verfahren haben, entbehrt nicht des Geruchs der Unvereinbarkeit.

Auf den Punkt gebracht: Was Österreichs Justiz dringender braucht als gute Ratschläge ist Personal. Da trifft es sich doch gut, dass die Ministerin für die personelle Ausstattung ihres Ressorts zuständig ist. An ihrem Verhandlungsgeschick liegt die Zukunft der justiziellen Schlagkraft - das sollte Aufgabe genug sein. Ein Weisungsrecht braucht sie dafür nicht. Nur Selbstweisung.

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