Die Welt gerechter machen

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Die Wirtschaft ist nicht nur Sach-, sondern auch Sozial-und Kulturprozess. Das ist die Ausgangsposition dessen, was wir als Katholische Soziallehre bezeichnen." So begründete Johannes Schasching 1997 im Furche-Gespräch die "Einmischung" der Kirche auch in Wirtschaftsfragen. Der dreifache Imperativ, wie ihn Schasching formuliert - "Wirtschafte sachgerecht, menschengerecht und gesellschaftsgerecht!" - wird als ethisches Fundament auch von Wirtschaftern geteilt, so diese nicht reinem Utilitarismus oder Hardcore-Neoliberalismus anhängen. Dass letztere Ideologien mit der christlichen Botschaft wenig zu tun haben, hat Schasching zeitlebens aufgezeigt. Am 10. März begeht der "Doyen der Soziallehre" seinen 90. Geburtstag.

Die Katholische Soziallehre entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter maßgeblicher Beteiligung von Österreichern wie von Angehörigen des Jesuitenordens. Wenig überraschend also, dass der Österreicher und Jesuit Johannes Schasching eine markante Rolle für die Entwicklung katholischer Sozialethik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielte. 1917 als Sohn eines Maurers in St. Roman/OÖ geboren trat Schasching 20-jährig bei den Jesuiten ein. Wirtschaftskrise und Polarisierung in der Ersten Republik prägten ihn politisch. Er studierte in Wien, Innsbruck, München, New York, Chicago Philosophie, Theologie und Sozialwissenschaften. In den fünfziger Jahren war er Professor für Sozialethik in Innsbruck, Anfang der Sechziger stand er Österreichs Jesuiten als Provinzial vor. 1966 holte ihn Jesuitengeneral Pedro Arrupe nach Rom. Dort lehrte Schasching bis zur Emeritierung 1991 an der Gregoriana, 1982-88 war er auch Dekan von deren Sozialwissenschaftlichen Fakultät.

In diesen Jahren war Schasching ein gewichtiger Berater für die Kirchenspitze, nicht zuletzt bei den Sozialenzykliken Johannes Pauls. II. (Laborem exercens, die 1981 auch angesichts der Turbulenzen um die polnische Gerwerkschaftbewegung Solidarno´s´c die Würde der Arbeit betonte; Sollicitudo Rei Socialis, die 1987 wirtschaftliche Unrechtssysteme mit dem aus der Befreiungstheologie kommenden Begriff "Strukturen der Sünde" brandmarkte, sowie Centesiumus Annus 1991 zum 100-Jahr-Jubiläum der Katholischen Soziallehre) war seine Kompetenz gefragt. Auch in Kommentaren und Vorträgen und auch in Furche-Artikeln legte Schasching deren Anliegen und Argumentationen dar.

Anfang der neunziger Jahre kehrte Schasching nach Österreich zurück und arbeitete bis 2005 in der Katholischen Sozialakademie, unter anderem als wesentlicher Impulsgeber für den Sozialhirtenbrief der österreichischen Bischöfe 1990 oder das 2003 fertiggestellte "Ökumenische Sozialwort". Für sein Ur-Anliegen, die Welt gerechter zu machen, warb er unermüdlich auch im Dialog mit maßgeblichen Vertretern der Wirtschaft, die seine Kompetenz und Gesprächsfähigkeit schätzten.

2002 initiierte die Industriellenvereinigung in diesem Kontext den "Preis für die Förderung des Dialogs von Wirtschaft, Ethik und Religion", die Forschungsarbeiten im ureigensten Gebiet von Johannes Schasching prämiert. Dass dieser "WER-Preis" nicht Schaschings Namen trägt, wie ursprünglich angedacht, ist in der Bescheidenheit des Jubilars begründet, die sein sozialethisches Engagement auch auf persönlicher Ebene glaubwürdig macht. ofri

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