Disziplin als "Fundament aller Erziehung“

Werbung
Werbung
Werbung

"Wer gerecht erziehen will, muss bereit sein zu strafen“, ist Bernhard Bueb überzeugt. Der deutsche Theologe und Pädagoge hatte als Schulleiter des Elite-Internats Schloss Salem am Bodensee 31 Jahre lang Zeit, sich ein Bild von der Jugend zu machen und zu eruieren, welche Erziehungsmaßnahmen ihm heute als geeignet erscheinen. Seine Ansichten veröffentliche Bueb vor fünf Jahren als Streitschrift: "Lob der Disziplin“ heißt sein 173 Seiten starkes Buch, das eine Erziehungsdebatte auslöste. Seine Theorien stießen auf teils heftige Kritik. So gab der Pädagoge Micha Brumlik 2007 den Sammelband "Vom Missbrauch der Disziplin. Antworten der Wissenschaft auf Bernhard Bueb “ heraus, in dem Wissenschaftler verschiedener Disziplinen eine umfassende Kritik an Buebs Thesen übten. Eine der Autorinnen, Sabine Andresen, warf ihm beispielsweise vor, dogmatisch ein autoritäres Weltbild zu verkünden.

Bueb bezeichnet die Jugend als "zum Teil überhaupt nicht erzogen“. Orientierung und Vorbildwirkung von Seiten der Erziehenden seien notwendig, um Schüler führen zu können: " Ein Vorbild muss Autorität haben“, lautet die These des 72-Jährigen. Erziehung sei zu allen Zeiten eine Gratwanderung und das Hauptmotiv eines Pädagogen müsse stets Liebe sein - diese wiederum verwandle seine Macht in legitime Autorität, von welcher der Pädagoge entsprechend Gebrauch machen solle: "Mut zur Erziehung heißt vor allem Mut zur Disziplin“, unterstreicht der Vater zweier Töchter in seinem Buch, "Disziplin ist das ungeliebte Kind der Pädagogik, sie ist aber das Fundament aller Erziehung.“ Strafen oder die Androhung von solchen seien gerechtfertigt, da Furcht als hilfreiche Eigenschaft zum Leben eines Menschen gehöre.

Gelassenheit und Großmut

Zu den schärfsten Kritikern von Buebs Vorstellungen einer autoritären Erziehung zählt der im Mai verstorbene deutschen Pädagoge und Familientherapeut Wolfgang Bergmann. In seinem Buch "Gute Autorität. Grundsätze einer zeitgemäßen Erziehung“ setzt er im Gegensatz zu einer strengen Disziplinierung und Durchsetzung von Autorität auf Gelassenheit und Souveränität. Mit Tugenden von damals könne man den modernen Kindern nicht begegnen. Auch bei Bergmann gilt: "Ohne Ordnung und Gehorsam entwickelt sich kein Selbstbewusstsein.“ Dieses könne sich aber auch ganz ohne Bestrafung und sogar mit zeitweiser Inkonsequenz bilden. Bergmann bezeichnet gute Autorität als "personale Autorität“: "Kinder brauchen keine Grenzen - sie brauchen starke Eltern, die verlässlich und liebevoll sind.“ Keine Grenzen zu setzen, bedeute aber nicht zugleich, einen komplett antiautoritären Erziehungsstil anzuwenden. Strenge als Schutz sei notwendig, aber: "Nur derjenige, der ein gewisses Maß an Gelassenheit und Großmut bewahrt hat, hat auch die Chance zur Autorität gegenüber seinen Kindern.“

Lob der Disziplin

Eine Streitschrift.

Von Bernhard Bueb 5. Auflage. Ullstein, Berlin 2010

173 Seiten, kartoniert, e 9,20

Gute Autorität

Grundsätze einer zeitgemäßen

Erziehung. Von Wolfgang

Bergmann. 4. Aufl. Beltz, Weinheim 2008, 216 Seiten, kart., e 13,30

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung