Dorothea Neff oder: Die Wahrheit ist dem Theater zumutbar

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Mit "Du bleibst bei mir“ des Tiroler Dramatikers Felix Mitterer gedenkt das Volkstheater der Schauspielerin Dorothea Neff. Das Stück wird indes dieser faszinierenden Persönlichkeit nur ansatzweise gerecht.

Ein Stück Gedenken hat das Volkstheater bei Felix Mitterer in Auftrag gegeben. Mit der Uraufführung von "Du bleibst bei mir“ erinnert das Haus nun an eine ihrer beeindruckendsten Persönlichkeiten, die Schauspielerin Dorothea Neff (1903-1986), die in Rollen wie der Mutter Courage oder der Elisabeth in Schillers "Maria Stuart“ Bühnenerfolge feierte. Welche mutige Lebensgeschichte sich hinter der glanzvollen Schauspielkarriere verbirgt, wurde jedoch erst 1978 in einem Interview mit der Journalistin Nadine Hauer, welches im selben Jahr auch in der FURCHE veröffentlicht wurde, bekannt. Über vier Jahre hatte sie ihre Freundin, die jüdische Kostümbildnerin Lilli Wolff, in ihrer Wohnung versteckt und so während der Nazizeit als eine von Wenigen Verantwortung und Zivilcourage gezeigt, die Gedenkstätte Yad Vashem hat sie dafür als eine "Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet.

Mitterer hat das Leben der Neff von ihren ersten Bühnenerfolgen als Penthesilea bis zur legendären "Mutter Courage“-Aufführung der 1960er-Jahre nachgezeichnet. Den größten Teil des Stücks nehmen aber die Jahre 1941 bis 1945 ein, jene Zeit, in der sie ihre Freundin unter Lebensgefahr vor den Nazis beschützt hat.

Erfolge und Skandale

Neffs Lebens- und Theaterstationen dienen aber auch dazu, die Geschichte des Hauses selbst zu erzählen. Von den großen Theatererfolgen und Skandalen, die das Volkstheater erlebt hat, bis hin zu den Eckpfeilern einer nationalen Theatertradition werden zahlreiche bekannte Namen zitiert. So finden Nestroy und Grillparzer ebenso Erwähnung wie Walter Bruno Iltz, Leon Epp oder Gustav Manker. Damit wird retrospektiv ein Bild österreichischer Theatervergangenheit konstruiert, das sich als vermeintlich kontinuierliche Erfolgsgeschichte präsentiert.

Das Konzept des Stücks, die eigene Theatergeschichte in der Lebensgeschichte der Neff wiederzufinden, wird von Regisseur Michael Sturminger wunderbar umgesetzt. So entsteht auf der Bühne des Volkstheaters noch eine weitere Theaterbühne, auf der Andrea Eckert als Neff die verschiedenen Bühnenrollen ihrer ehemaligen Lehrerin übernimmt und selbst wiederum in einer kurzen Szene, die sie als Schülerin der Neff zeigt, vorkommt. Dieses schachtelförmige Ineinander von Rolle in Rolle in Rolle erinnert an eine theatergewordene Matroschka-Puppe. Abgesehen von diesem spannenden Einfall verliert sich die zentrale Geschichte aber in zu vielen Nebenhandlungen, in denen das Zusammenleben von Neff und Wolff (berührend gespielt von Martina Stilp) gezeigt wird.

Auch wirkt die deskriptive Erzählweise des Stücks oftmals aufgesetzt, und weniger Pathos vor allem in den Szenen, die die Neff in ihren größten Rollen zeigen, hätte der Aufführung gutgetan. So reduziert sich eine unglaubliche Lebensgeschichte auf eine Abfolge von Beschreibungen, die kein anschauliches Bild einer so facettenreichen Persönlichkeit vermitteln können.

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