Dresdens steinerne Glocke

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Am kommenden Sonntag wird die Dresdner Frauenkirche wiedereingeweiht. Der barocke Bau mit der riesigen Kuppel wurde 1734 zum ersten Mal geweiht. Zwei Tage nach dem Bombenangriff auf Dresden, am 15. Februar 1945, stürzte die Kirche ein. Die Ruine blieb als Mahnmal stehen. Seit 1982 war sie ein wichtiger Ort für die Friedensbewegung in der ddr.

Kurz nach der Wende formierte sich eine Initiative engagierter Bürgerinnen und Bürger für den Wiederaufbau der Kirche. Die Reaktionen waren anfangs geteilt, die evangelisch-lutherische Landeskirche schloss sich erst ein Jahr später der Initiative an, das Bundesland Sachsen und die Stadt Dresden folgten.

Es ging auch um die grundsätzliche Frage, ob repräsentative Bauten, die im Krieg zerstört worden waren, wiedererrichtet werden dürfen. Oder ob sie zur bleibenden Mahnung als Ruinen stehenbleiben müssen, wie etwa die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin oder die alte Kathedrale von Coventry. Norbert Bolz spricht in diesem Zusammenhang von einem Mentalitätswandel, der sich besonders bei den "Ikonen" der städtischen Kultur ausdrückt. Die Rekonstruktion der Brücke von Mostar oder das Bauprojekt auf dem Ground Zero in Manhattan beweisen, dass die Menschen unverwechselbare Kennzeichen brauchen, die nicht wie die Filialen einer Fast-Food-Kette global austauschbar sind. Eine ähnliche Wirkung darf von der Rekonstruktion des Schlosses in Berlin erwartet werden.

Für die evangelische Kirche bedeutet die "steinerne Glocke" in Dresden den Anspruch auf Präsenz im öffentlichen Raum. Die schöne große Kirche steht für die gestaltende Kraft des Protestantismus in der Gesellschaft. Das Motto des Wiederaufbaus lautete: "Brücken bauen - Versöhnung leben." Jetzt kommt als drittes hinzu: "Glauben stärken."

Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B.

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