Dunstkreis des Missbrauchs

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Nein, wir beteiligen uns nicht am Paterno-Bashing. Aber auch die Mutmaßung, die Krenn-Fraktion stecke hinter den Missbrauchs-Anschuldigungen gegen den TV-Kaplan, um Vorarlbergs Bischof und Krenn-Visitator Klaus Küng anzupatzen, interessiert uns nicht. Das weltweite Muster zeigt sich auch in Österreich: Lang zurückliegende Vorwürfe werden publik und fallen der Kirche auf den Kopf. Dort, wo Sex-Themen an sich die Öffentlichkeit hysterisieren (z. B. in den USA), und dort, wo die katholische Kirche bislang der kulturelle und religiöse Machtfaktor war (etwa in Irland), weiten sich diese Skandale zur existenziellen Bedrohung aus. In Österreich ist es - noch - nicht so weit.

Es spricht für sich, dass Missbrauchsopfer sich hierzulande wieder einmal erst spät daran zu erinnern trauen, was ihnen im geistlichen Dunstkreis widerfahren ist. Die Kirche wäre gut beraten, das Schweigen aufzubrechen, indem sie klar und unmissverständlich für die Gerechtigkeit und die Würde der Opfer optiert.

Das Misstrauen gegen die Institution bleibt aber groß - mit guten Gründen: In den Affären um Hans Hermann Groër etwa stand die Wahrung der Würde eines Kardinals weit höher als die Suche nach der Wahrheit. Dennoch war das Thema mit Groër keineswegs zu begraben.

Man kann hoffen, dass die Angelegenheit Paterno anders bearbeitet wird als die Kardinal-Skandale der neunziger Jahre. Dazu gehört auch, dass sich Österreichs katholische Kirche endlich dazu bequemt, gemeinsam klare und transparente Standards für Umgang mit Missbrauch in den eigenen Reihen zu entwickeln. Was heißt da entwickeln? Die Standards gibt es längst, und der Wiener Missbrauchs-Ombudsmann Helmut Schüller kämpft seit Jahr und Tag dafür, dass sie österreichweit Gültigkeit erlangen: Eigentlich auch ein Skandal, dass sich Österreichs Kirchenleitung nach den letzten zehn Kirchen-Jahren dazu noch bitten lassen muss!

otto.friedrich@furche.at

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