Der Kulturkampf, der in den USA rund ums islamische Gemeindezentrum nahe dem Ground Zero in New York einen Höhepunkt erreicht, ist nur bedingt vergleichbar mit dem hiesigen Kulturkampferl der letzten Tage. Nein, hierzulande glauben keine 20 Prozent (und nicht einmal Heinz-Christian Strache), dass Michael Häupl ein heimlicher Muslim sei. Aber politisches Kleingeld wird beim Thema Islam diesseits wie jenseits des Atlantiks gewechselt – und zwar hüben wie drüben mit Totschlagargumenten: Weder droht dort eine „Islamisierung Amerikas“ (wie rechte Republikaner schreien), noch wird hierzulande die Diskussion um ein „Zuwanderungsverbot für Personen aus dem islamischen Raum“ (© FP-General Harald Vilimsky)irgendetwas zum Guten bewegen.
Die veröffentlichte Meinung im Lande hat zuletzt wieder an der Eskalationsschraube gedreht. Anas Schakfeh wurde für sein jüngstes Interview publizistisch geprügelt, und abseits der üblichen Verdächtigungen von Rechts herrschte – von rühmlichen Ausnahmen abgesehen – medialer Konsens: Wie kann man nur im Wiener Wahlkampf eine Diskussion über Moscheen vom Zaum brechen? Dass der Chef-Innenpolitiker des Kurier den Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft gleich zum „Kurt Krenn des Islam“ stilisierte, mag dabei als Stilblüte durchgehen – zeigt aber auch, dass in einer höchst notwendigen Debatte flotte Sager mehr gelten als die mühsame Auseinandersetzung in der Ebene.
Islam muss öffentlich wahrnehmbar sein
Anas Schakfeh hat wenig Sensationelles gesagt; wer genau zuhörte, hätte sich darob kaum aufzuregen brauchen: Es leben mittlerweile eine halbe Million Muslime im Land, die Kapazitäten der Gebetshäuser halten mit dieser Zahl längst nicht Schritt; und es steht Angehörigen aller anerkannten Religionsgemeinschaften auch Sichtbarkeit in der Religionsausübung zu. Vor solchem Hintergrund ist ein lautes Nachdenken über ein repräsentatives Gotteshaus in jedem Bundesland kein Tabu. Es wäre hilfreich, würden die Multiplikatoren von Meinung im Lande ihr Augenmerk auf diese Aspekte legen und nicht darauf, ob Schakfeh nun wahlkampftechnisch geschickt agiert hat oder nicht.
Gleichzeitig soll keineswegs bestritten werden, dass die Errichtung von Moscheen ein heißes Eisen ist. Und dass die Auseinandersetzung damit die Muslime wie die jeweilige örtliche Bevölkerung in die Pflicht nimmt. Wenn sich beide Seiten darauf einlassen – wie zuletzt beim Moschee-Bau im niederösterreichischen Bad Vöslau – kommt es auch zu Lösungen. Ein öffentlicher Konflikt ist ja per se nichts Schlechtes. Und sogar viel besser, als wenn die Muslime weiter ihr religiöses Dasein in Hinterhöfen und Kellerlokalen fristen, in denen sich eine Subkultur viel eher etablieren kann als dort, wo der Islam auch öffentlich wahrzunehmen ist.
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