Der Name "Radiokulturhaus“ macht den Abschied des ORF aus seinem Funkhaus zu einer noch schmerzlicheren Sache. Denn was immer man auf dem Küniglberg plant und denkt: Eine kulturelle Zäsur stellt die Absiedlung der Radio-Sparte des ORF aus der Argentinierstraße zweifelsohne dar. Der Bau von Clemens Holzmeister steht zwar unter Denkmalschutz, aber was nützt solch eine Konservierungsmaßnahme, wenn die Funktionalität eines Gebäudes nicht mehr benötigt wird? Dass man aus Industrieruinen wie etwa den Wiener Gasometern allerlei Postmodernes anstellen kann, weiß jeder, der sich einmal nach Simmering begeben hat - und dort kann er auch den, wie es aussieht, nicht gerade durchschlagenden künstlerischen, städtebaulichen und kommerziellen Erfolg bestaunen.
Dass Radio etwas mit Kultur zu tun hat, davon zeugen bis heute die Institutionen, die sich - noch - im Funkhaus befinden: Ö1, das RSO Wien oder auch FM4, immerhin das innovative Gesicht heimischer Radiokultur. Es gab Proteste, vornehmlich aus dem Bereich der Kunst, aber die wirtschaftlichen Erfordernisse und die Erfordernisse moderner Medien, so hören wir, machen die Zusammenführung von Radio, Fernsehen und Online im - gleichfalls denkmalgeschützten - Komplex auf dem Künglberg notwendig.
Küniglberg und "Kulturstandort“
Die ORF-Führung beteuert, den "Kulturstandort“ Radiokulturhaus zu erhalten. Und dass an der Zusammenführung der verschiedenen Verbreitungsplattformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kein Weg vorbeiführe. Und dass es keineswegs zu "betriebsbedingten“ Kündigungen kommen werde. Man kennt die Argumentationen ja zur Genüge: Warum führt man das alles zusammen, wenn der teuerste Budgetposten, also die Personalkosten nicht gesenkt werden? Die betrieblichen Notwendigkeiten werden, so ahnen wir gelernte Österreicher, dann wohl doch zur Personalreduktion führen - und die Aushöhlung journalistischer Möglichkeiten, von denen die Radiomacher in der Argentinierstraße ein Lied singen können, wird erst recht fröhliche Urständ feiern.
Das Zauberwort heißt "trimedial“ - auch anderswo wurden schon ähnliche Begriffe verwendet, etwa wenn Medien vor allem als "Content-Industrie“ begriffen werden, die einfach Inhalte "generieren“, die dann via Print, Radio, TV oder Online verbreitet werden.
Der angekündigte Abschied vom ORF-Funkhaus ist jedenfalls mit Sicherheit keine kulturelle Tat. Auch dass das RSO Wien, das ORF-eigene Orchester in der Argentinierstraße bleiben soll, kann da als gefährliche Drohung verstanden werden: Man erinnert sich, dass bei beinahe jedem finanziell raueren Lüftchen, das wider den ORF geblasen ist, das RSO Wien zur Disposition gestellt wurde: Denn das Musizieren gehöre doch nicht zum Kernauftrag des ORF, war da immer wieder zu hören.
Also freuen wir uns auf den neuen Newsroom, der nun auf dem Küniglberg entstehen soll. Und auf den dementsprechenden "Zeit-im-Bild“-"Abendjournal“-Einheitsbrei usw.
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