Ein bi-religiöser Blick auf Jesus

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Leicht hat es sich Mouhanad Khorchide, langjähriger FURCHE-Kolumnist und Autor des Essays auf Seite 3, bis zuletzt nicht gemacht. Seine Überzeugung, dass ein Brückenschlag zum christlich-theologischem Denken möglich ist, hat ihm auf islamischer Seite wiederholt den Vorwurf eingetragen, er sei ein verkappter Christ. Und auf christlicher Seite gibt es -Gottseidank wenige -Stimmen, die in ihm einen Wolf im Schafspelz in Sachen muslimische Unterwanderung des Abendlandes sehen.

Auf jeden Fall müht sich Khorchide unentwegt um den Dialog der beiden großen monotheistischen Religionen und scheut auch nicht vor originellen Zugängen zurück. Zuletzt begibt er sich gemeinsam mit dem in Paderborn lehrenden katholischen Theologen und Islamkenner Klaus von Stosch an auf die Spur von Jesus.

Der Sohn Gottes der Christen ist im Koran bekanntlich ein Prophet, der durchaus anders als im Neuen Testament akzentuiert erscheint, und dessen Auferstehung muslimischerseits bestritten wird. Im Band "Der andere Prophet. Jesus im Koran" versuchen Khorchide wie Stosch, sich von ihrer Religion her Jesus zu nähern und unterziehen die Berichte über ihn einer Relecture durch die jeweils andere Brille. Dabei stoßen sie gemeinsam auch auf die theologische Streitgeschichte zwischen muslimischen und christlichen Gelehrten, was Jesus von Nazaret betrifft.

Konvergenzen trotz Divergenz

Das Interessante -und durchaus Bestechende -an diesem Versuch ist, dass in der Auseinandersetzung mit dem jeweils "anderen" Jesus der Blick auf den "eigenen" ganz neu wird. Zumindest aus christlicher Perspektive kann der Rezensent das nachvollziehen.

Dass beide Autoren zu kompatiblen Schlussfolgerungen kommen, ist faszinierend -Khorchide beobachtet etwa, dass es den Christen gar nicht um eine "Vergöttlichung" Jesu geht, sondern um die Zuwendung Gottes zum Menschen in dieser Person. Und er konzediert gleichzeitig, dass es dem Koran vor allem um eine Zurückweisung einer derartigen Vergöttlichung zu tun sei -und nicht um die Zurückweisung des Christentums an sich: Wäre schön, wenn das von islamischtheologischer Seite auch nachhaltiger und durchgängiger geteilt werden könnte.

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