Ein Dichter mit dem Pinsel

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Wie Joan Miró auf Sterne, Insekten und Monde kam und wie er seinem Vokabular zeitlebens treu blieb, wird in einer umfassenden Retrospektive in der Albertina gezeigt.

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Wie Joan Miró auf Sterne, Insekten und Monde kam und wie er seinem Vokabular zeitlebens treu blieb, wird in einer umfassenden Retrospektive in der Albertina gezeigt.

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Ein Dichter mit dem Pinsel sei er gewesen. Das sagt Joan Punyet Miró, der Enkel des berühmten Malers, über seinen Großvater. Und: "Miró ist kein - Ismus, Miró ist kompliziert". Wie vielschichtig jener Künstler ist, dessen Werke abertausendfach reproduziert werden und hohe Preise bei Auktionen erzielen, zeigt die Albertina in ihrer aktuellen Ausstellung. Diese ist als Retrospektive angelegt und wurde von dem Kenner von Mirós Werk, Jean-Louis Prat, mitkuratiert. Für die Albertina und wohl auch für Prat haben zahlreiche Leihgeber Ausnahmen gemacht, wodurch man rund 100 Werke, darunter viele hochkarätige aus wichtigen Museen in Europa und den USA, zeigen kann. "Die Miró-Retrospektive" nennt sie Mirós Enkel sogar - und sagt: "Die Ausstellung hat Rhythmus, Musikalität und eine große Bandbreite an Stilen".

Monde, Vögel und vieles mehr

"Von der Erde zum Himmel" hat man die Retrospektive genannt, diese Verbindung ist schon bei einem der ersten Gemälde wichtig, für dessen Kauf Ernest Hemingway einst Geld lieh und von dem es heißt, es vereine alles, was Spanien ausmacht. Anhand dessen kann man sehen, wie Miró anfangs seinen Stil suchte, hier sind Tier, Mensch und Landschaft noch genau erkennbar, ja minutiös beschrieben. Geometrie ist ihm wichtig. Gegenüber hängen in der Schau aber schon mit wenigen Strichen geschaffene Figuren wie "Spanische Tänzerin" und "Katalanischer Bauer mit Gitarre".

In der Folge wird darauf eingegangen, wie Miró in Paris mit dem Surrealismus zusammenkam. "Die intensive Suche Mirós nach einem -Ismus prägt die ersten Bilder der Ausstellung. Aber auch, wenn er zum Leuchtfeuer der Surrealisten wurde, war er letzten Endes ein Einzelgänger", beschreibt Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder. Spannend zu sehen ist, wie Miró auf den spanischen Bürgerkrieg reagierte. Seine wilden Bilder zeigen Monster, es herrscht eine aggressive Atmosphäre.

Allmählich kristallisiert sich das typische Vokabular heraus, Miró entwickelt seine fantastisch-realistische Zeichensprache. Monde, Sterne, Vögel, Insekten und vieles mehr bevölkern die Werke. Die Kindlichkeit des Sehens wird Basis seiner Kunst. Die Werke bestechen durch Farbgewalt und Kraft.

"Für mich ist die Form nie etwas Abstraktes, sie ist immer ein Zeichen für etwas. Sie ist immer ein Mensch, ein Vogel oder etwas anderes", wird Joan Miró zitiert. Miró ist einer der wenigen Künstler, der seinem Vokabular immer treu blieb. Was sich änderte, waren die Formate und die Art zu malen. Einmal ist seine Formensprache dynamischer, dann arbeitet er großformatiger, formal reduzierter, archaischer. Monochrome Hintergründe und fleckige Strukturen sind zu sehen. Noch später wird sein Pinselstrich impulsiver. Aber auch präzise, detailgetreue Bilder mit streng konturierten, einander überschneidenden Flächen gibt es.

Mirós Wunsch war es, Malerei für alle zugänglich zu gestalten. "Miró wollte nicht, dass wir ihn interpretieren", sagt Klaus Albrecht Schröder. "Seine Arbeiten haben etwas Kindlich-Naives, aber sind nie zu naiv. Normalerweise stößt uns ab, was wir nicht verstehen, aber bei Miró wird man, auch wenn man nicht weiß, was seine Bilder bedeuten, in eine Welt der Phantasie und der Kindheit hineingezogen." Die Naivität wurde so plötzlich zur zentralen Position der Kunst des 20. Jahrhunderts. "Miró war klar, dass seine Kunst die der Psychoanalyse sein musste, seine Werke sind eine Antwort auf die Macht des Traumes und des Unbewussten". Die Albertina lässt Mirós Bilder, so wie es sich der Künstler immer wünschte, auf weißen Wänden und sogar über weißem Boden wirken.

Mirós Streben nach Freiheit

Und auch, wenn Joan Mirós Werke poetisch und leicht wirken, so sind sie nicht zuletzt von einem Streben nach Freiheit geprägt. Nicht umsonst wurde die Ausstellung in der Albertina am 11. September, dem Nationalfeiertag Kataloniens eröffnet. Sie bekäme so eine "merkwürdige politische Bedeutung", sagt Klaus Albrecht Schröder. Es war Katalonien, für dessen Freiheit sich Joan Miró einsetzte und dem er sich zeitlebens verbunden fühlte. "Mit Miró kann man das, wofür Spanien bekannt ist, darstellen und gleichzeitig Katalonien feiern."

Miró. Von der Erde zum Himmel

Albertina, bis 11. Jänner 2015

täglich 10-18, Mi bis 21 Uhr

www.albertina.at

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