Ein echtes Fest der Tänzer

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Das Wiener Festival "Im Puls Tanz" hat Europa-Format.

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Das Wiener Festival "Im Puls Tanz" hat Europa-Format.

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Eigentlich haben wir heuer zwei Jubiläen zu feiern, fünfzehn Jahre Internationale Tanzwochen und zehn Jahre das Festival ,ImPuls-Tanz'", erzählt Karl Regensburger in Erinnerung an einen Traum, den er und Ismael Ivo 1984 wahr werden ließen. Damals begann alles sehr klein, mit einer Workshop-Reihe, deren budgetäre Löcher die Tourneen des international sehr gefragten Tänzers und heutigen Leiters des Tanztheaters am Deutschen National-Theater Weimar stopften. Daß daraus eines der bedeutendsten europäischen Tanz-Projekte wurde, liest sich rückblickend nahezu als Erfolgsmärchen: Zunächst ist von einem fulminanten Start zu berichten, einer kaum zu erfüllenden Nachfrage nach den Seminaren und Workshops und von einem 1988 erstmals durchgeführten Tanzfestival. George Tabori hatte den beiden Idealisten Mut zugesprochen und sie in sein Theater geholt.

Die internationalen Kontakte aus der Tourneetätigkeit Ismael Ivos begannen sich bezahlt zu machen, Tanzstars wie Marie Chouinard konnten engagiert werden, und das Festival samt angehängter mitternächtlicher Zusatzvorstellungen war auf Anhieb ausverkauft. Seit dieser Zeit sollte die 90prozentige Auslastung nie mehr unterschritten werden. Mit der Nachfrage stiegen allerdings auch die Kosten. Was klein begonnen hatte, nahm Ausmaße an, die den "privaten" Rahmen zu sprengen begannen. Die Ablehnung eines Subventionsansuchens um "zarte" (Regensburger) 100.000 Schilling bedeutete ein vorläufiges Ende für die Festivaltätigkeit und die Geburt einer neuen Idee: "Pro Series", das auf die Arbeit mit professionellen Tänzern ausgerichtete Trainings- und Weiterbildungsprojekt der Internationalen Tanzwochen.

Erst seit 1989 werden die vielfältigen Aktivitäten der beiden "Gründerväter", regelmäßig gefördert. Seit dem ersten Jahr haben sich nahezu sämtliche wichtige Choreographen von Rang und Namen, manchmal bereits mehrmals, bei dem Festival eingefunden oder trainierten mit Tanzinteressierten . Bei der noch sehr jungen, heimischen Tanzszene bemerkt Karl Regensburger, der diese über die Jahre aufmerksam beobachtet hat, ein zunehmendes Anschließen an die internationalen Standards. "Ich glaube, Qualität hat auch sehr viel mit Erfahrung zu tun, und ich hoffe, daß die Tanzwochen in ihren verschiedenen Ausformungen das Ihre dazubeigetragen haben, die Kluft zwischen den österreichischen und den internationalen Performern zu verkleinern".

Neben den Workshops und Fortbildungsreihen Pro Series und dem Coaching Projekt der Wiener Tanzwochen im Universitätssportzentrum Wien begeht das Festival "ImPuls-Tanz" sein Jubiläum heuer mit einer Leistungsschau von 30 Produktionen, davon sechs Uraufführungen und einundzwanzig österreichischen Erstaufführungen auf dem von Andree Valentin und Gerhard Brunner zusammengestellten Programm. Neben dem Volkstheater, dem Kasino am Schwarzenbergplatz und den Sofiensälen wird heuer erstmals auch das Burgtheater betanzt.

Dort präsentiert zur Eröffnung das Frankfurter Ballett mit "Eidos: Telos" eine der wichtigsten abendfüllenden Choreographien William Forsythes. 1995 uraufgeführt gibt dieses Werk einen sehr poetischen, träumerischen Einblick in die ansonsten nahezu wissenschaftlichen Bewegungsrecherchen, mit denen der 1949 in New York geborene Choreograph den Formenkanon des klassischen Balletts nach tauglichem Material durchforstet.

Gleich mit drei Compagnien kommt das Jiri Kylians Netherlands Dans Theater nach Wien: NDT II, der "Junior"-Truppe, dem großen Ensemble NDT I und - ein einzigartiges Experiment im internationalen Tanzgeschehen - dem NDT III, einem Ensemble aus Tänzerpersönlichkeiten über 40 Jahre, dessen unglaubliche Dichte an tänzerisch gereiften Ausdrucksmöglichkeiten fasziniert.

Auf den Spuren eines Tadeusz Kantor wandelt unter anderem wiederum das wortfreie Bewegungs- und Bildertheater des in Ungarn geborenen Choreographen Josef Nadj mit einer kafkaesken Interpretation von Georg Büchners "Woyzeck" in den Wiener Sofiensälen, wo auch die Weltpremiere der Performance "Drumming" mit Anne Teresa de Keersmaekers Sensationelles verspricht.

Seit einem Jahr gibt es, nachdem heimische Tanzcompagnien und Soloperformer wie das "Tanzhotel" von Bert Gstettner, oder Roderich Madl & Doris Ebner zuvor eher vereinzelt eingeladen wurden, auch einen spezifischen Österreich-Schwerpunkt. Von Helmut Ploebst kuratiert, sind hier zum Thema "These/Antithese" einige höchst vielversprechende Projekte im Gange. So ist zum Beispiel Sabine Sonnenschein mit ihrer unverwechselbaren minimalistischen Tanzsprache längst keine Unbekannte mehr oder Liz Kings' legendäres Tanztheater Wien, für das Catherine Guerin die Choreographie "Textus" kreierte.

Im Puls Tanz '98.

2. Juli-16. August, Wien.

Information: Telefon(01) 5235558 oder http://impuls-tanz.wien.at Empfehlungen: Burgtheater: 2. bis 4. Juli, Ballett Frankfurt, "Eidos - Telos", 20 Uhr.

7. Juli, Nederlands Dans Theater I & II & III, Galaabend, 20 Uhr.

14. Juli, Anne Teresa De Keersmaeker & Rosas, "Just Before", 20 Uhr.

21. Juli, Compagnie Josef Nadj/CCN Orleans,"Comedia Tempio", 21 Uhr.

Sofiensäle: 17. & 19. Juli, Compagnie Josef Nadj, CCN Orleans, "Woyzeck", 21 Uhr.

20. Juli,Tanztheater Wien & Demian Loy Dance Company, "Textus" und "All the Rage" 21 Uhr.

7. , 8. & 9. August, Anne Teresa De Keersmaeker, "Drumming", 21 Uhr.

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