Ein Euroland mehr - oder weniger?

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Seit wenigen Tagen ist auch Litauen Mitglied der Eurozone. Ihr gehören nun schon 19 von 28 EU-Staaten an. Alle drei baltischen Staaten haben in den vergangenen Jahren erfolgreiche Anstrengungen zur Anpassung ihrer Kostenstrukturen unternommen. In puncto Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung zählen sie mittlerweile zu den Klassenbesten. Es ist aber keineswegs sicher, ob Euroland an der nächsten Jahreswende noch immer bei 19 Mitgliedern halten wird. Denn bis dahin wird sich entschieden haben, ob Griechenland noch dabei ist - oder ob bis dahin jener Ausstieg ("Grexit“) Realität geworden ist, der vor zweieinhalb Jahren noch um jeden Preis verhindert worden war.

Ein solcher Ausstieg eines Mitgliedslandes der Eurozone ist bisher schon deshalb in keinem EU-Drehbuch vorgesehen, weil er vor dem Ausbruch der Finanzkrise 2008/09 schlicht für undenkbar gehalten wurde. Die gegenseitige Abhängigkeit der Eurostaaten und ihrer Geldinstitute war zudem nach der Lehman-Pleite noch wesentlich größer als heute. Aus jeder missglückten Bankenrettung konnte eine Staatskrise werden - und umgekehrt aus jeder Staatskrise ein paneuropäisches Bankenproblem. Als sich die Griechenlandfrage zuspitzte, musste deshalb zur Vermeidung eines Flächenbrandes ein Staatsbankrott oder Euro-Austritt um den Preis teurer Rettungspakete ausgeschlossen oder zumindest aufgeschoben werden.

Seither ist viel geschehen, um die Schockresistenz des Systems zu erhöhen und dagegen vorzubeugen, dass jeder Crash zu Serienunfällen führt. Zum einen leistet die Europäische Zentralbank Liquiditätshilfen in Abstimmung mit dem Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM). Am Beispiel von Portugal, Spanien und Irland hat sich gezeigt, dass diese aus der Not geborene Krisenarchitektur durchaus Wirkung zeigt.

Das Ende der Alternativlosigkeit

Zum anderen, und vielleicht noch wichtiger: im Rahmen der Bankenunion wurde nicht nur eine gemeinsame Bankenaufsicht geschaffen sondern auch ein Abwicklungsmechanismus für in die Krise geratene Großbanken, der verhindern soll, dass künftige Bankenrettungen wieder ungebremst auf die Staatshaushalte - und damit auf uns Steuerbürger - durchschlagen.

Dennoch führen die kommenden Monate neuerlich auf unbekanntes Terrain. Sollte sich der Austritt Griechenlands aus der Eurozone als unvermeidlich erweisen, wird es diesmal keinen zwingenden Grund mehr geben, ihn um jeden Preis zu verhindern. Das ist gegenüber der bisherigen Alternativlosigkeit auch dann als Fortschritt zu werten, wenn die Kosten nicht nur für das betroffene Land sondern für alle Staaten, die in den Katastrophen-Hilfsfonds ESM eingezahlt haben, beträchtlich sein werden. Der Weg zu neuen Spielregeln für die Eurozone ist eingeschlagen, die Navigationssysteme zeigen in die richtige Richtung. Es wird aber wohl noch Jahre dauern, bis Schuldenkrisen von Mitgliedsstaaten ohne verunsichernde Grundsatzdiskussionen über den Bestand der Gemeinschaftswährung gemeistert werden können.

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