Ein Fall von Blutdoping

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In einer anonymen Anzeige wurden zahlreiche namentlich genannte Sportler und Ärzte beschuldigt, systematisch Blutdoping und damit zusammenhängend Versicherungsbetrug begangen zu haben. Darüber wurde in einer Tageszeitung berichtet. Einer der Genannten brachte dagegen Anträge nach dem Mediengesetz u. a. auf Bezahlung eines Bußgeldes ein.

Das Landesgericht für Strafsachen Wien qualifizierte den Artikel als zulässige Verdachtsberichterstattung: Die Berichterstattung sei neutral und objektiv erfolgt, zumal mehrfach auf die Anonymität der Anzeige und deren "Schwachstellen" hingewiesen und auch ausreichend Raum für Dementis eingeräumt worden sei.

Das Oberlandesgericht Wien gab aber dem Betroffenen recht: Seine Ansprüche könnten nicht mit diesen Argumenten abgelehnt werden. Damit würden der medialen Missbrauchsmöglichkeit Tür und Tor geöffnet. Unter dem Deckmantel bloßer Verdachtsberichterstattung ließe sich dann nämlich über jede noch so massive, bloß auf anonymen Anzeigen fußende Verdachtslage berichten. Ein solcher Vorwurf sei vielmehr geeignet, den Tatbestand der üblen Nachrede zu verwirklichen. Schließlich habe gegen den Antragsteller - abgesehen von einer spekulativen Anschuldigung - überhaupt kein begründeter Verdacht bestanden. Der Hinweis auf das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren sei schon deshalb verfehlt, weil er dort nicht einmal als Verdächtiger aufscheint. Von einem Verfahren könne daher gar nicht die Rede sein.

Damit lässt sich festhalten: Auch die Tatsache polizeilicher Erhebungen allein aufgrund einer anonymen Anzeige vermag noch keinen Tatverdacht zu begründen. Es sind ausschließlich inhaltliche Parameter maßgebend. Das Medium ist verpflichtet, immer konkrete Ergebnisse seriöser behördlicher Ermittlungstätigkeit gegen bestimmte Personen abzuwarten, bevor eine namentliche Nennung erfolgen darf.

* Die Autorin ist Medienanwältin und vertritt u. a. den "Standard"

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