Ein Fels in der Brandung

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Alter und Tradition gelten heute nicht mehr als Tugend, auch wenn sie die Basis für alles Junge und Neue sind. So gesehen grenzt es an ein Wunder, dass ein künstlerisches Kraftfeld wie die Gesellschaft der Musikfreunde nächstes Jahr ihren 200. Geburtstag feiert.

Kritiker bemerken oft zu Recht, dass es originellere, fantasievollere und risikofreudigere Konzertveranstalter gibt. In den von Gold bis Glas getönten Sälen ist man publikumsfreundlich und dem Neuen gegenüber gemessenen Schrittes aufgeschlossen.

Sich dem Tempo unserer schnelllebigen Zeit zu widersetzen, mag heute nicht nur eine Tugend sondern eine Überlebensstrategie sein. Die lauten und bereits morgen wieder vergessenen Sensationen des vom Boulevard diktierten Medienzirkus sind nur allzu oft mit nachfolgenden Pleiten verbunden. Ein finanziell und künstlerisch solid abgesichertes Haus ist eine Voraussetzung für das Musikleben einer Stadt.

In Zeiten allgemeiner Auflösung gibt es auch in der Kunst wieder eine Sehnsucht nach innerer Ordnung, ohne die kreatives künstlerisches Chaos gar nicht möglich ist. Die Neider dieser privaten und bürgerlichen Gesellschaft sind groß. Beschämt sie doch korrupte, undurchsichtige und sich zunehmend auflösende staatliche Strukturen. Dem vereinnahmenden Zugriff städtischer und staatlicher Stellen konnte sich die Gesellschaft immer entziehen. Entstanden doch die wertvollen Sammlungen aus den Schenkungen berühmter Herrschaften wie Beethoven, Schubert und Co, die ihre wahren Gründer sind.

Möge sich die alte und zierliche Dame Musikverein noch lange jedem Facelifting und jeder Schönheits-OP widersetzen. Ich liebe ihre Falten, ihr nicht gefärbtes Haar und ihre jungen, abenteuerlustigen Augen. Die Musik, von der sie erfüllt ist, ist nicht nur eine heilige sondern auch eine Kraft spendende Kunst. Sie gibt sie an uns weiter.

Ich küsse Ihre Hand, Madame. Bleiben Sie, wie Sie sind! Wir verehren sie deshalb.

* Der Autor ist Kulturjournalist und Moderator beim Privatsender ATV |

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