Ein gescheiterter Provokateur

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Er war einer, der in infantiler Lust an der Provokation im prüden Nachkriegsösterreich im Schlamm wühlte. Und das in mehrfacher Weise. Laut eigener Aussage wollte der 1925 im burgenländischen Grodnau geborene Lehrersohn Otto Muehl die Trennung von Kunst und Leben aufheben, um letztlich an deren Verwechslung fatal zu scheitern.

In Rudolf Schwarzkogler, Günther Brus, Kurt Kren und Hermann Nitsch fand Otto Muehl in den späten 50er-Jahren Gleichgesinnte in ihrem Bestreben, das als reaktionär empfundene Tafelbild endgültig zu zerstören. Der Aktionismus war ihre Form des Ausdrucks, theoretisch formuliert in dem 1962 veröffentlichten Manifest "Die Blutorgel“. Die Materialien, mit denen Muehl in diesen Jahren regelmäßig für Skandale sorgte, waren Blut, Exkremente, Dreck und Urin. Bei einer "Kreuzigung“ fesselte er eine Frau an einen Holzbalken, begoss sie mit Bier und "panierte“ sie, um sie auf diese Weise zur "Hexe“ zu machen, aus der laut seiner krausen Ideologie die neue Ur-Mutter hervorgehen sollte.

Sexuell befreit - autoritär regiert

1972 gründete Muehl im Burgenland die "Aktionsanalytische Organisation“ (AAO) Friedrichshof als eine Art sexuell befreites Gebiet, das von ihm autoritär regiert wurde. Wegen Kindesmissbrauchs, Vergewaltigung und Drogendelikten wurde er 1991 zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Wo das künstlerisch ambivalente malerische Spätwerk des ehemaligen Bilderstürmers entstanden ist, das am spekulativen Kunstmarkt höchst willkommen war - besonders seit 2004 haben ihm das Wiener MAK und sechs Jahre später das Leopold Museum repräsentative Personalen gewidmet. Bei der Eröffnung von letzterer wurde ein Brief des damals bereits an Parkinson leidenden Künstlers verlesen, in dem er sich erstmals bei seinen Opfern entschuldigt hat.

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