Ein Hardliner scheitert an sich selbst

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Der als konservativ geltende katholische Bischof von Augsburg, Walter Mixa, reicht nach wochenlangem Hin und Her um seine Prügelvorwürfe und finanzielle Unregelmäßigkeiten seinen Rücktritt ein. Wenige Tage vor diesem Schritt verlor Mixa die Rückdeckung vieler Bischöfe und Priester.

Am Ende kam alles doch noch schnell und überraschend. Am Abend des 21. April bot der Augsburger Bischof Walter Mixa Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt von seinen Ämtern als Bischof von Augsburg und Militärbischof an. Vorausgegangen war eine wochenlange öffentliche Diskussion in Deutschland um seine Person. Dabei ging es um Mixas Tätigkeit als Stadtpfarrer im oberbayerischen Schrobenhausen in den Jahren 1975 bis 1996. In dieser Zeit hatte Mixa Heimkinder geohrfeigt und offenbar Spendengelder der dortigen Waisenhausstiftung zweckentfremdet.

Zeitungsbericht löst Affäre aus

In den Tagen vor Mixas Abgang hatte sich die Lage dramatisch zugespitzt, und sein Rücktritt war immer offener gefordert worden. Mehrere Pfarrer hatten in ihren Sonntagspredigten offen die Demission ihres Oberhirten gefordert, und noch zwei Tage vor dem Rücktritt war es zu einer turbulenten Sitzung des Priesterrats gekommen, bei der sich die Befürworter und Kritiker Mixas allerdings gegenseitig blockierten. Inzwischen hatten aber auch bereits der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, und der Vorsitzende der Freisinger Bischofskonferenz, Reinhard Marx, mehrfach mit Mixa gesprochen und ihm einen zumindest vorübergehenden Amtsverzicht nahegelegt – ein bisher einmaliger Vorgang in der deutschen Nachkriegs-(Kirchen-)Geschichte. Beide empfahlen ihm, „eine Zeit der geistlichen Einkehr und der räumlichen Distanz“ zu nehmen, in der er seine Ämter ruhen lassen sollte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste Mixa klar werden, dass er die Rückendeckung der deutschen Bischöfe verloren hatte.

Ausgelöst worden war die Affäre am 31. März durch einen Bericht der Süddeutschen Zeitung. Unter Berufung auf (zu diesem Zeitpunkt) fünf eidesstattliche Erklärungen (zu denen später weitere hinzukamen) berichtete die renommierte Tageszeitung, dass Mixa als Schrobenhausener Stadtpfarrer Kinder im dortigen Kinderheim St. Josef wiederholt massiv geschlagen habe. Der Bischof reagierte auf die Anschuldigungen „zutiefst erschüttert“ und versicherte kategorisch, „dass ich zu keiner Zeit gegen Kinder und Jugendliche körperliche Gewalt in irgendeiner Form angewandt habe“. Sein Öffentlichkeitschef Dirk Hermann Voß drohte darüber hinaus den Heimkindern, die die Vorwürfe geäußert hatten, mit rechtlichen Schritten.

Wenige Tage später setzt die Waisenhausstiftung in Schrobenhausen den Rechtsanwalt Sebastian Knott als externen Sonderermittler ein. Bald darauf räumt Mixa ein, an „finanziellen Unregelmäßigkeiten“ beteiligt gewesen zu sein, diese aber im Jahr 2000 bereinigt zu haben. Am Morgen des 16. April, also des Tages, an dem der Sondermittler seinen vorläufigen Bericht vorlegen will, gibt Mixa überraschend zu, dass er „die eine oder andere Watsch’n von vor zwanzig Jahren natürlich nicht ausschließen kann“. Spätestens von dem Tag an, da diese Einzelheiten bekannt werden und Mixa als Lügner dasteht, fallen auch die letzten Getreuen von ihm ab.

Schon lange machte Mixa innerhalb der deutschen Kirche Furore. Als der gebürtige Oberschlesier 1996 Bischof der kleinen und eher unbedeutenden Diözese Eichstätt wurde, bereitete ihm das einerseits tiefe Genugtuung; zugleich war aber auch schnell klar, dass damit sein eigentliches Karriereziel noch nicht erreicht war. Bereits 1993 sollte er Bischof von Augsburg werden, doch damals hatten einflussreiche Kleriker seine Berufung noch verhindern können. 2005 aber sollte das kein zweites Mal mehr gelingen. Benedikt XVI. machte in diesem Jahr Mixa (der mittlerweile sogar Ambitionen auf den Münchner Erzbischofsstuhl hatte) zum Oberhirten seines Heimatbistums – als eine seiner ersten Personalentscheidungen.

Gesteuert von seinem allmächtigen Medienchef Dirk Hermann Voß, von manchen als „Alleinherrscher im Fürstentum Mixa“ oder „Überbischof“ bezeichnet, versuchte Mixa sich als konservatives Sprachrohr des Episkopats zu profilieren und erregte Aufsehen durch seinen konfrontativen Stil.

Hoffnung auf Neuanfang

Allerdings war da stets auch die andere Seite Mixas, seine Eitelkeit, seine Prunksucht, seine barocke Lebensweise, seine Uneinsichtigkeit und Selbstherrlichkeit, aus der heraus es ihm gefiel, sich seine eigenen Regeln und Gesetze zuzuschneiden. So ist Mixa, der häufig ein autoritäres Bischofsbild der 50er-Jahre zu vertreten schien, letztlich an sich selbst und an seinen Eigenheiten gescheitert.

Überall – im Bistum Augsburg, bei der Deutschen Bischofskonferenz, bei der deutschen Politik – herrscht jetzt Erleichterung.Wie aber geht es jetzt im Bistum Augsburg weiter? Der Diözesanrat wünscht sich eine schnelle Entscheidung, nicht nur über das Rücktrittsgesuch, sondern auch über den Nachfolger Mixas. Und viele Gläubigen in der gebeutelten Diözese hoffen jetzt auf einen wirklichen Neuanfang mit einem offenen, zupackenden, menschenfreundlichen Bischof. Favoriten gibt es bereits: Neben Weihbischof Anton Losinger und Domkapitular Bertram Meier (und nicht zuletzt auch Papst-Sekretär Georg Gänswein) fällt immer öfter der Name von Wilhelm Imkamp, seines Zeichens Wallfahrtsdirektor von Maria Vesperbild und ein noch viel robusterer Rechtsaußen und unbedenklicherer Hardliner als Mixa. Sollte er Mixa beerben, so wäre das nicht nur für das Bistum Augsburg eine Katastrophe.

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