Ein Lied über das Alter

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Der Theatermusiker und Komponist Franz Wittenbrink arrangiert mit "Forever Young“ am Theater in der Josefstadt eine viel bejubelte Altherren-Revue. In bewährter Manier - durch eine etwas alberne Geschichte lose miteinander verbunden, reiht er Song an Lied, von Elvis Presley, Brittney Spears, Billy Joel über Johann Sebastian Bach, Franz Lehár, Franz Schubert bis hin zu Cole Porter, Reinhard Fendrich und vielen, vielen anderen. Obwohl im Kaffeehaus, das Miriam Busch mit bestechendem Realismus und minutiöser Detailtreue auf die Bühne gebaut hat, die Uhren längst still stehen, lassen sich die Alten die Laune nicht verderben. Zeit spielt keine Rolle mehr, im Herbst des Lebens. So fällt es leichter, sich noch immer ganz unwiderstehlich zu finden, wie der André des Albert Rueprecht, 83, der noch immer "von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ ist, noch immer die Herzen der stolzesten Frau‘n‘ bricht (und hier auch noch der jüngsten, Eva Mayer) und dessen Lippen - wie er findet, noch immer - küssen, so heiß.

Verschiedene Charaktere

Auch Anton, (Toni Slama, 64) einst ein niederösterreichischer Landesmeister im Zehnkampf, jetzt tief gebeugt über seinen Rollator, hat das Träumen nicht aufgegeben. Den Realitäten zum Trotz und seiner schrillen, seit einem galanten Abenteuer hochschwangeren, montenegrinischen Pflegerin (Ruth Brauer Kvam) zum Leid, strebt er ein Comeback an, denn es lebe der Sport! Weniger ambitioniert geben sich zwei Schach spielende Herren. Dem einen, Joseph (Kurt Sobotka, 82) ein von Melancholie umflorter ehemaliger Bäckermeister, ist das Kaffeehaus zur zweiten Heimat geworden, nachdem nur die ersten 20 seiner schon 45 Jahre währenden Ehe glücklich gewesen sind. Der andere, Harry (Gideon Singer, 86) ist ein ruhiger, dem Wein im Übermaß zugetaner Lebemann, der nach dem Grundsatz lebt "vos geven iz geven“, was war, war und ist nicht mehr. Nur der wunderbare Otto Schenk (82) als fliegender Ober Leo unterbricht gelegentlich den Gesangesreigen. In brabamisierenden Intermezzi trägt er mal die Gralserzählung auf russisch vor, oder spricht nasal in einer Nonsenssprache. Herrlich! Nur, als eine aufgeputzte bis auf die Knochen blanke Blondine (Sona MacDonald) das Kaffeehaus betritt,verlieren die Herren kurz die Contenance. Sie singen, einen erneuten Frühling spürend, von True Love, Love Me Tender oder gar Heirat. Da aber die Schöne angesichts des Angebots so tut, als würde sie auf "Männer mit Erfahrung“ stehen, in Wirklichkeit aber - anders, als sie singt - "Ich frag nicht, ob du Geld hast“, der Überzeugung anhängt, dass "Diamonds A Girl‘s Best Friends“ sind, und da das an einem heiter melancholischen Liederabend nicht ungesühnt bleiben darf, zeigt sich am Ende noch einmal die Flüchtigkeit des Glücks: Denn so heißt es: Das Glück is a Vogerl, gar liab, aber scheu / es lasst si schwer fangen, / aber fortg‘flogn is glei. Und nach dem Motto funktioniert auch dieser Wittenbrink-Abend: Man genießt ihn, solange er dauert, ist man erst draußen in der kalten Wiener Luft, ist er auch schnell vergessen.

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