Ein Neubau voller "bewusster Zufälle“

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Die neue Martin-Luther-Kirche in Hainburg wurde am Wochenende ihrer Bestimmung übergeben. Besonders sehenswert sind Dach und Kanzelaltar.

Der 30. April ist für die Christenheit weltweit ein Tag von großer Bedeutung, wurde doch an diesem Tag im Jahr 311, also vor 1700 Jahren, mit dem Toleranzedikt von Nikomedia, das eigentliche Ende der Christenverfolgung im römischen Reich markiert. Für die evangelischen Christen Hainburgs wird dieser Tag noch aus einem anderen Grund in die Annalen eingehen, wurde doch die neue Martin-Luther-Kirche in der geschichtsträchtigen Stadt am 30. April 2011 eingeweiht.

Schon jetzt ein Besuchermagnet

Der neue Gebäudekomplex, der neben einem Gottesdienstraum auch Pfarrbüro, Gemeindesaal und Kinderzone beherbergt, wurde von Stararchitekt Wolf D. Prix vom Büro Coop Himmelb(l)au entworfen und in nur neun Monaten errichtet. Sichtlich stolz zeigte der Architekt, der selbst in Hainburg an der Donau aufgewachsen ist, den Gästen bei der Einweihung seine erste Kirche. Erfreut über den neuen Bau waren auch der evangelische Bischof Michael Bünker, Niederösterreichs Superintendent Paul Weiland sowie die anderen kirchlichen Würdenträgerinnen und Würdenträger aus Österreich und der Slowakei.

Dass der Bau realisiert werden konnte, war aber nicht nur der Verdienst des Architekten, der Kirchenleitung und der Landesregierung, sondern auch des Vereins der "Freunde der Errichtung der Evangelischen Kirche in Hainburg“. "Früher fanden die Gottesdienste in einer Villa statt, die seit Jahrzehnten der evangelischen Kirche gehörte. Als diese immer baufälliger und schließlich gesperrt wurde, standen wir vor der Frage: das alte Gebäude renovieren oder eine gänzlich neue Kirche bauen“, erklärt Adolf Reichel, Obmann des Vereins. Schließlich entschied man sich für einen Neubau. Von Beginn an war Reichel, gemeinsam mit seiner Frau Helga und dem damaligen Pfarrer Uwe Hielscher an der Realisierung des Projekts beteiligt. Heute kann er zufrieden auf den Kirchenbau schauen, der schon jetzt ein Besuchermagnet sei, wie Helga Reichel zu berichten weiß.

Vor allem Dach und Kanzelaltar machen diese Kirche sehenswert und theologisch interessant. Das Dach, das in Kiel angefertigt wurde, hat drei Lichtluken. Dass es gerade drei Öffnungen sind, ist ein Hinweis auf die Trinität. Mitte Dezember wurde das 30 Tonnen schwere Dach auf das Kirchengebäude, das in seiner Grundstruktur einem Tisch - einem Abendmahlstisch - gleicht, gehievt. Dass in dem Dach aber soviel Theologie stecke, sei einer von vielen "bewussten Zufällen“ wie Superintendent Paul Weiland erklärt.

Doch nicht nur das Dach zieht die Blicke der Besucher auf sich, sondern auch Kanzel und Abendmahlstisch, die zu einem modernen und bisher einzigartigen Kanzelaltar verschmolzen sind. Dahinter steckt die theologische Überzeugung, dass Predigt und Abendmahl gleichwertig und gleichwichtig sind. Befindet sich bei älteren Kanzelaltären der Ort der Predigt oberhalb des Tisches, so sind bei der Version in der Hainburger Kirche der Ort der Verkündigung und der Ort der Feier des Abendmahls auf einer Ebene, nämlich nebeneinander.

"Der ursprüngliche Entwurf des Architekten hat mir nicht so gut gefallen, weil Kanzel und Altar aus Holz waren und so im Kirchenraum unterzugehen drohten“, sagt Weiland. "Nach einem internationalen Wettbewerb und einigen Gesprächen hat dann Professor Prix den Kanzelaltar entworfen“. Mit modernster Computertechnik wurden dabei die Schwingungen des Daches ermittelt und in den Altar mitaufgenommen. "Die Kirche wäre nur halb so schön ohne den Altar“, schwärmt Helga Reichel.

Erinnerung an Pfarrer Hielscher

Obwohl bereits eingeweiht, müssen noch Kleinigkeiten zur Fertigstellung der Kirche durchgeführt werden: Der Taufstein aus weißem Granit muss noch geliefert, der Boden noch verlegt und ein Apfelbaum im Garten gepflanzt werden. "Mit dem Apfelbaum wollen wir an Pfarrer Hielscher erinnern, der von Anfang an mit viel Engagement und Leidenschaft das Projekt unterstützt hat“, erzählt Adolf Reichel. Die Einweihung konnte Pfarrer Hielscher nicht mehr miterleben, er verstarb 2009 im Alter von 44 Jahren an Krebs.

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