Mit dem Klimaschutzabkommen von Paris im letzten Dezember hat sich die Weltgemeinschaft zum Ziel gesetzt, die Erderwärmung auf unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Ernüchternd waren da die Ergebnisse einer unlängst publizierten Studie des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien: Demnach würden die zugesagten Emissionsbegrenzungen der Treibhausgase zu einem Temperaturanstieg von 2,6 bis 3,1 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts führen.
Was also ist das Paris-Abkommen wert? Dieser Frage widmet sich ein Sammelband, der verschiedene Aspekte des Klimawandels beleuchtet - historisch, politisch und vor allem wissenschaftlich. Die Herausgeber Jörg Sommer, Vorstandsvorsitzender der deutschen Umweltstiftung, und Michael Müller, ehemaliger Staatssekretär im deutschen Umweltministerium, haben dafür zahlreiche Autoren versammelt.
Attraktive Ziele gefragt
Interessant ist etwa der Beitrag von Peter Henicke, ehemaliger Präsident des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt und Energie: Er sieht in der bisherigen Kommunikation von Klimaschutzmaßnahmen ein Problem und bemängelt, dass hier über Jahrzehnte eine "unzulängliche Geschichte" erzählt wurde. Denn in einer auf Wachstum fixierten Gesellschaft verbinden sich bislang strapazierte Leitbegriffe wie "Reduktion" und "Lastenteilung" mit negativen Bildern von Verzicht und Opferbereitschaft. Vielmehr bedürfe es eines neuen Narrativs, also einer überzeugenderen Geschichte, um Klimaschutz vermitteln zu können. Das braucht positiv besetzte Zielsetzungen: Klima- und Ressourcenschutz, so Henicke, seien "die kostengünstigsten Bedingungen für eine Große Transformation mit attraktiven Zielen wie Versorgungssicherheit, höhere Wettbewerbsfähigkeit, neue Geschäftsfelder und mehr Jobs (...)."
Nach der letztjährigen "Flüchtlingskrise" reicht vielleicht schon die Aussicht, dass Klimaschutz ein ganz wesentlicher Beitrag ist, um weitere Flüchtlingsströme nach Europa zu verhindern. In weiten Teilen Afrikas etwa droht eine Senkung der Ernteerträge um mehr als 20 Prozent. Derzeit erhöhen sich dort die Temperaturen um 0,3 Grad Celsius pro Jahrzehnt -fast eine Milliarde Menschen leiden bereits an Hunger, wie die Herausgeber berichten. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier fordert daher im Vorwort eine klimabezogene "Weltinnenpolitik":"Wenn wir nicht schnell weltweit zu einem wirksamen Klimaschutz kommen, steuert die Menschheit scheinbar unaufhaltsam auf den Punkt zu, an dem das Zusammenspiel von Klimaänderungen, Wasserknappheit, Ernährungsmangel und weiteren 2,5 Milliarden Menschen, die noch in diesem Jahrhundert auf unserem Planeten leben werden, negative Synergien auslösen können, deren Folgen jenseits unserer Vorstellungskraft liegen."
Unter 2 Grad?
Hrsg. von J. Sommer und M. Müller.
Hirzel 2016. 320 S., kart., € 20,40
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