Ein Physiker und Dramatiker

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Der junge Grazer Autor Robert Wolf macht sich sehr ernste Gedanken über die Gesellschaft.

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Der junge Grazer Autor Robert Wolf macht sich sehr ernste Gedanken über die Gesellschaft.

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Zyankali" nennt der junge Grazer Autor Robert Wolf sein neues Stück. Die manchmal makaber-humorige Inszenierung durch Michael Schilhan verbirgt aber nicht den dahinterliegenden Ernst: "Eine diktatorisch geführte Gesellschaft grenzt ihre Außenseiter vom erstrebten Selbstmord durch Verweigerung des tödlichen Giftes aus. Außenseiter kann jeder werden, der Diktator allein entscheidet."

Robert Wolf macht sich sehr ernste Gedanken über die Gesellschaft. Drei Arten von Menschen interessieren ihn, der Diktator, der Massenmensch und das Genie. Letzteres hat er in seinem ersten Stück "Der Entropist" zum Thema gemacht. Ludwig Boltzmann, nicht biographisch abgehandelt, sondern als Vertreter des naturwissenschaftlichen Denkens, als Grenzgänger zwischen Genie und Wahnsinnigem.

Der Naturwissenschaft ist Wolf als graduierter Physiker eng verbunden. Im engeren Sinn ist er Experimentalphysiker, und dieses Bedürfnis nach dem Aufsuchen der Grenzen des Erforschbaren kennzeichnet auch seinen Sprachstil: Er steht in der österreichischen Tradition der Sprachkritik. Sprache nicht als Mittel zur Erzählung von Tatsachen und Handlungen, sondern als ständig zu erweiterndes Medium zur Erforschung von Zuständen.

Würde ihm da nicht auch die Prosa gut anstehen? "Ich habe meine literarische Laufbahn mit einer Erzählung begonnen, die im Rundfunk gesendet wurde. Aber ich glaube, meine Stärke liegt derzeit doch beim Dialog." Damit schließt er aber nicht aus, daß er sich irgendwann auch die größere Prosa und die Lyrik erobern will.

Auch in diesen Formen wird er seine Sprache verwenden: Ihm geht es um die innere Logik der Sätze, sie dürfen nicht zu ungewollten Widersprüchen führen, doch ist Wolf durchaus bereit, den traditionellen Satzbau aufzubrechen. Sprache ist für ihn mehr als eine Kunstform. Sie transportiert Inhalte, die auf soziale, psychische und ästhetische Probleme hinausweisen. "Hier liegt auch die Grenze zum Kitsch, der nicht über sich selbst hinausweist. Und hier würde ich auch einem Regisseur nicht folgen, wenn er diese Dimension einem billigen Effekt opfern wollte."

Der Weg des Literaten Wolf wird ihn im kommenden Jänner ans Wiener Volkstheater führen, vielleicht wird er dann seinen bisher errungenen Preisen und Auszeichnungen weitere hinzufügen.

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