Ein Psychokrimi in Hell und Dunkel

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Gelungener Auftakt für Sven-Eric Bechtolf als Schauspielchef der Salzburger Festspiele: Andrea Breths meisterlicher "Prinz Friedrich von Homburg“.

Der Schlossgarten ist in graue Nebelschwaden gehüllt, dumpfe Kanonenschüsse sind zu hören: In Fehrbellin, Hoheitsgebiet von Friedrich Wilhelm, dem Kurfürsten von Brandenburg, stehen die Zeichen auf Krieg. Doch sein bester Mann, Prinz Friedrich von Homburg, bereits zweimal sieglos aus der Schlacht gegen die Schweden zurückgekehrt, sitzt traumverloren im blütenweißen Hemd zwischen den toten Baumstümpfen und bindet sich selbstvergessen einen Lorbeerkranz. In schicke schwarze Mantelkleider gehüllt, machen sich der Kurfürst und seine Gefolgschaft einen Spaß daraus dem Träumer das Insigne der Macht zu entwenden. Den Kranz lässt sich der Prinz zwar abnehmen, doch dafür hält er schlussendlich den Handschuh der Prinzessin in Händen …

Vater-Sohn-Konflikt

Regisseurin und Theaterarchäo-login Andrea Breth lässt die beiden Hauptfiguren von nun an in einem fortwährenden Psychokrimi gegeneinander antreten. Beide sind ständig bereit zu Eroberungen, ob Feind oder das Herz einer Prinzessin, macht da keinen Unterschied. Nach dem ersehnten Sieg will sich der Prinz, im Glauben der Kurfürst sei gefallen, mit dessen Nichte Natalie von Oranien (Pauline Knof) verloben. Der Totgesagte kehrt aber wieder zurück und lässt den ungestümen Kontrahenten kurzerhand in den Kerker werfen - hat dieser doch zwar die Schlacht gewonnen, im Blutrausch aber sämtliche Befehle missachtet. Heulend und trotzig zugleich will Homburg zunächst das Todesurteil nicht wahrhaben, versucht über die Kurfürstin (Andrea Clausen) die Gunst Wilhelms wiederzuerlangen und setzt sogar, um seine Haut zu retten, auf wenig charmante Weise die Verlobung mit Natalie aus. Im Gegensatz dazu bleibt Wilhelm stets besonnen, ruhig kaut er an einer Karotte, während sich seine Generäle wortreich für Homburg einsetzen. Bereitwillig stellt er seinen Rechtsspruch immer wieder zur Disposition und lässt geduldig die Frage erörtern, ob der Sieg alle Mittel heiligt, oder ob bei derlei eigenmächtigen Entscheidungen nicht das Gesetz einschreiten muss. Breth ringt damit der Rolle des Kurfürsten neue Facetten ab, indem sie dessen scheinbar despotischen Charakter hinterfragt und das Spiel zum Vater-Sohn-Konflikt ausweitet.

Nach dem zweieinhalbstündigen Hahnenkampf der beiden Alphatiere, kongenial dargestellt von August Diehl und Peter Simonischek, hat Breth kein Happy End für den mittlerweile kleinlauten Titelhelden vorgesehen. Bei seiner Begnadigung fällt er vor Freude in eine tödliche Ohnmacht, aus der ihn - im Gegensatz zum Stück - auch das anschwellende Kanonenfeuer nicht mehr zurückholen kann.

Zeitlosigkeit historischer Stoffe

Licht und Schatten wechseln einander auf der kargen Bühne (gestaltet von Martin Zehetgruber) ab, schwarz und düster sind die Szenen am Schlachtfeld und im Garten, hell und strahlend die Zimmer im Schloss ausgeleuchtet. Derart monochrom sind in dieser meisterlichen Theaterinszenierung, die bis in die kleinste Nebenrolle exzellent besetzt ist, aber nur die Oberflächen; Handlungen und innere Motive sind so vielschichtig gezeichnet, dass sie eine Fülle an Interpretationen offenlassen. Damit stellt Breth wieder einmal die Zeitlosigkeit historischer Bühnenstoffe heraus und beschert Sven-Eric Bechtolf als neuem Schauspielchef einen gelungenen Auftakt der diesjährigen Festspielsaison.

Weitere Termine

3., 4., 5., 7., 8., 9., 11., 12. August

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