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Bekanntlich tickt das österreichische Feuilleton (oder was sich dafür hält) anders als das deutsche, nämlich langsamer. Das hat auch sein Gutes. Als zum Beispiel eine 23-jährige Redakteurin in der Welt erklärte, "Warum der Feminismus mich anekelt", reagierte man hüben durchaus angemessen, nämlich gar nicht, während sich drüben, sobald bekannt wurde, dass sie beim Bachmann-Wettbewerb antritt, eine wie üblich hysterische und bald hasserfüllte Debatte entspann, in deren Feuer sich auch noch das Öl der Internetausscheidungen, vulgo Shitstorm, ergoss.

Die Autorin heißt Ronja von Rönne - in echt? ein Künstlername? eine Reverenz gegen Astrid Lindgrens Ronja Räubertochter? -, und ihr Artikel ist ein mäßig elegant formuliertes Bekenntnis zum eigenen Egoismus, zu "ungegenderter" Sprache und Unternehmenskultur. Aber weil die deutsche Öffentlichkeit auf Reflex programmiert ist, steigerte sich die Mechanik der Empörung bis zu dem historischen Hinweis, dass es für Adelige ja Laternen gebe.

Selbstverständlich sollen auch Menschen öffentlich sprechen und im Fernsehen auftreten dürfen, die offensichtlichen Unsinn oder unausgegorenes Zeug verzapfen, und das tun sie ja auch am laufenden Band. Außerdem hat die Einladung zu einem literarischen Wettbewerb (hoffentlich) weder etwas mit dem Alter des Fräuleins noch mit seinem Aussehen noch mit seiner politischen Haltung zu tun, sondern mit dem von ihm verfassten Stück Literatur. Ein Opferlämmchen ist besagte Ronja, die "Frausein" noch nie als Nachteil erlebt hat, aber auch nicht. Die Aufregung war kalkuliert, nur halt falsch kalkuliert. Wie schreibt sie so richtig: "der Kampf um Aufmerksamkeit ist hart, wenn die Dringlichkeit nicht für sich spricht".

Ronja Räubertochter entscheidet sich übrigens gegen eine gewiss gleichberechtigte Karriere im Räuberhandwerk.

Die Autorin ist Germanistin und Literaturkritikerin

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