"Ein sehr geschickter Kapellmeister“

Werbung
Werbung
Werbung

Eine Ausstellung im Mozarthaus Vienna, gestaltet vom Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, rückt die Fakten über Mozart und Salieri zurecht.

Hat Antonio Salieri seinen vermeintlichen Widersacher Wolfgang Amadeus Mozart umgebracht? Oder handelt es sich bloß um ein Gerücht? Wie aber kommt es, dass dieses Thema die Kunstwelt, oder wenigstens Teile davon, bis heute beschäftigt? Man denke nur an das 1979 in London uraufgeführte Theaterstück "Amadeus“ von Peter Shaffer und dessen wenig später erfolgte, nicht minder brillante Verfilmung durch Milosˇ Forman, nachdem bereits im Jahrhundert davor Rimskij-Korsakow und Albert Lortzing diesem Thema die Opern "Mozart und Salieri“ und "Szenen aus Mozarts Leben“ gewidmet hatten.

"Sie wissen ja - Mozart, ich soll ihn vergiftet haben. Aber nein, Bosheit, lauter Bosheit“, klagte der von Demenz gepeinigte alte Antonio Salieri gegenüber seinem Schüler, dem Pianisten Ignaz Moscheles, über dieses über ihn ausgeschüttete infame Gerücht. Selbst eidesstattliche Erklärungen seines behandelnden Arztes und der ihn ständig bewachenden Krankenwärter vermochten nicht, es zum Verstummen zu bringen. Das Bild zweier scheinbar durch Hass verbundener Konkurrenten war stärker als gesicherte Tatsachen.

Lehrmeister zahlreicher Komponisten

Die liegen längst klar zutage: Mozart ist eines natürlichen Todes gestorben, Salieri hat damit nichts zu tun. Im Gegenteil, Salieri sprach über Mozart stets, wie Zeitgenossen berichten, "mit ausnehmender Hochachtung“. 1785 arbeiteten beide sogar gemeinsam an einem Werk, der leider verschollenen Kantate KV 477a. Mozarts Witwe Constanze schickte ihren Sohn Franz Xaver zu Salieri in der Hoffnung, dass er in die Fußstapfen seines Vaters trete. Schließlich war Antonio Salieri ein hochgeschätzter Lehrer. Unter seinen zahlreichen Schülern finden sich Namen wie Beethoven, Cherubini, Hummel, Liszt, Meyerbeer, Schubert oder jener Franz Xaver Süßmayr, dem wir die Komplettierung von Mozarts Requiem KV 622 verdanken.

"Fern von allem Eigennutz“ sei er als Lehrer gewesen, nur darauf bedacht, "junge Talente der Tonkunst zu bilden“, kann man in einem Nachruf lesen.

Was diese auch nicht vergaßen. So widmete Beethoven Salieri die Violin-Klavier-Sonaten Opus 12, Schubert ihm Goethe-Vertonungen und seine Kantate D 407, die er ausdrücklich zum 50-jährigen Wirken Salieris in Wien komponierte. Alles Dokumente, die man derzeit (und noch bis in den kommenden Jänner) im Rahmen einer Sonderausstellung im Mozarthaus Vienna besichtigen kann. Otto Biba, Direktor des Archivs der Gesellschaft der Musikfreunde, und seine Stellvertreterin, Ingrid Fuchs, haben diese Exposition mit dem Titel "Antonio Salieri. Die Fakten“ aus den Beständen ihrer Institution zusammengestellt. Denn auch mit der Gesellschaft der Musikfreunde war "unser aller Großpapa“ - wie Schubert seinen Lehrer ehrfürchtig-bewundernd nannte - eng verbunden: als Gründungsmitglied und Mitglied des Präsidiums, wie man gleichfalls in dieser Exposition erfahren kann. Salieri legte auch einen Entwurf einer Institutsordnung für den Gesangsunterricht des Konservatoriums der Gesellschaft der Musikfreunde, aus dem die heutige Wiener Musikuniversität hervorgegangen ist, vor, wirkte bei der Uraufführung von Beethovens symphonischem Schlachtengemälde "Wellington oder die Schlacht von Vittoria“ mit, spielte bei der Uraufführung von Haydns "Die Schöpfung“ das Pianoforte und war als eine der wichtigsten Persönlichkeiten des kulturellen Wien auch Gegenstand zahlreicher bildlicher Darstellungen.

International bekannt

Geboren wurde Salieri im damals venezianischen Legnano. Florian Gassmann, dem er als Hofmusikkapellmeister wie K.K. Kammerkomponist nachfolgen sollte, brachte ihn nach Wien, wo er bald zu den wesentlichsten musikalischen Repräsentanten der Stadt wurde. Mit weiter Ausstrahlung, wie Aufführungen seiner Opern in den europäischen Musikzentren beweisen, was durch ausgesuchte Notenbeispiele in dieser kleinen, aber feinen Schau exemplarisch belegt wird. Genügend Fakten, um zu zeigen, dass es Salieri gar nicht nötig gehabt hätte, selbst einem so prominenten Konkurrenten wie Mozart, der ihn ausdrücklich als "sehr geschickten Kapellmeister“ bezeichnete, nach dem Leben zu trachten.

Antonio Salieri. Die Fakten

Eine Ausstellung des Archivs der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien

Mozarthaus Vienna, bis 11. Jänner 2015

Täglich 10-19 Uhr, www.mozarthausvienna.com

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung