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Der jüngeren Generation war er kaum noch ein Begriff, am ehesten noch als Partner von Alfred Böhm in der TV-Serie "Der Leihopa". Doch jene Jahrgänge, deren Film- und Theatererfahrungen bis in die ersten Nachkriegsjahre oder gar bis zu Österreichs "Ostmark"-Dasein zurückreichen, werden ihn nie vergessen: Hans Holt, der am 3. August im Hilde Wagener-Künstlerheim in Baden bei Wien 91-jährig einem langen, schweren Leiden erlegen ist.

Als Karl Johannes Hödl wurde er am 22. November 1909 in Wien geboren. Erst wollte er Turnlehrer werden, studierte dann an der Wiener Akademie für Musik und darstellende Kunst und debütierte 1930 als Essex in Ferdinand Bruckners "Elisabeth von England" am Deutschen Volkstheater in Wien. Reichenberg, Mährisch-Ostrau, die Scala in Wien und das Berliner Renaissance Theater waren weitere Stationen, ehe er 1940 am Wiener Theater in der Josefstadt landete, das bis 1988 - mit kurzen Unterbrechungen - seine Heimat blieb.

Auf der Leinwand zählte Holt mit seinem Charme und dem angenehmen Timbre seiner Stimme neben Paula Wessely, den Brüdern Attila und Paul Hörbiger sowie Hans Moser zu den großen österreichischen Stars. Von seinen über 80 Filmen gehören "Brüderlein fein", "Wen die Götter lieben", "Der veruntreute Himmel" und "Der Engel mit der Posaune" zu den bekanntesten.

Auf der Bühne trug er viel zu jenem feinsinnigen "Josefstädter" Stil bei, der diesem Theater einen legendären Ruf für Salonkomödien und andere Konversationsstücke, insbesondere von Schnitzler, Wilde, Molnar und Anouilh, verschaffte. In den seichten Gewässern der Kammerspiele verkaufte sich Holt, der auch selbst Stücke schrieb und inszenierte, manchmal unter seinem Wert. Noch mit 87 Jahren trat der vielfach ausgezeichnete Schauspieler 1997 als Feldmarschall Radetzky in Fritz Kreislers Singspiel "Sissy" im Schönbrunner Schlosstheater auf und erntete stehende Ovationen.

Der Titel seiner 1990 erschienenen Autobiographie "Jeder Tag hat einen Morgen" passte zu Holt wie die Rolle, die er 1974, als man zum 100. Geburtstag von Karl Kraus dessen Mammutwerk "Die letzten Tage der Menschheit" für den Hörfunk produzierte, übernommen hatte: die des Optimisten.

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