Ein "Solar-Marshall-Plan" für Griechenland

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Mit Investitionen in die Solarenergie könnte man der griechischen Wirtschaft nachhaltig auf die Beine helfen: Ein Darlehen der Europäischen Zentralbank (EZB) würde so zu Strom-Exporten in Milliarden-Höhe führen. Vorschlag eines Solarzellforschers.

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Mit Investitionen in die Solarenergie könnte man der griechischen Wirtschaft nachhaltig auf die Beine helfen: Ein Darlehen der Europäischen Zentralbank (EZB) würde so zu Strom-Exporten in Milliarden-Höhe führen. Vorschlag eines Solarzellforschers.

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Es ist wohl kein Zweifel, dass die Wirtschaft in Griechenland konstruktiv aufzubauen ist - damit die Gläubiger überhaupt ihr Geld zurückbekommen können und gleichzeitig der Bevölkerung des Landes geholfen werden kann. Deshalb soll hier ein konkreter Vorschlag eingebracht werden, der die Ausgaben der Energie-Importe von Griechenland künftig erleichtern könnte. Dieser Vorschlag beinhaltet nichts Technisch-Unmögliches und könnte somit jederzeit umgesetzt werden - falls das von politischer Seite erwünscht ist.

Griechenland ist ein Netto-Importeur von fossiler Energie. Diese Energie-Importe verursachen den größten Anteil am griechischen Leistungsbilanzdefizit. Die Energiepreise sind im Vergleich sehr hoch: Das ist für die Konsumenten ein Problem und für die Investoren ein Hindernis. Wenn die Energieversorgung hingegen weniger Import-abhängig sowie längerfristig günstig und stabil gehalten werden könnte, würde Griechenland auch für die Produktionsbetriebe und für die Investoren attraktiv. Und wenn die Investitionen steigen, könnte man die Arbeitslosigkeit effektiv bekämpfen.

Die verfügbaren Kapazitäten an Sonnenenergie betragen in Griechenland viele Terawatts. Wenn man nur einen Bruchteil dieser Energie nutzbar machen könnte, dann wäre die Energie-Zukunft Griechenlands weitgehend sichergestellt. Dies klingt wie ein Märchen - und könnte doch Realität werden. Denn die Umwandlung von Solarenergie in Wärme, Elektrizität oder in chemische Energie spielt hier eine jeweils wichtige Rolle. Für diese Analyse soll die Photovoltaik, die direkte solare Stromerzeugung, im Fokus stehen.

Gesamtgewinn für Kreditgeber

Die Sonne schickt bekanntlich keine Rechnungen für ihre Energie. Die Betriebskosten einer Solaranlage belaufen sich also nur auf einen Bruchteil des Marktwerts des erzeugten Stroms. Für eine Anlage mit einer Kapazität von einem Megawatt kann man in Griechenland eine jährliche Stromerzeugungskapazität von mehr als 1500 Megawatt-Stunden erwarten. Geht man von den großen Solarparks in Deutschland aus, dann wäre pro Megawatt-Anlage eine Fläche von etwa zwei Hektar erforderlich. Das bedeutet circa 20.000 Quadratmeter für eine Megawatt-Anlage. Der Flächengesamtbedarf lässt sich linear mit diesem Faktor skalieren.

Wenn man einen niedrigen Stromverkaufspreis (ohne Subventionen) von fünf Euro-Cents pro Kilowattstunde ansetzt, dann wäre eine solche Anlage sehr gut konkurrenzfähig. Dieser Rechnung nach würde der jährliche Marktwert des erzeugten Stroms einem Betrag von 75.000 Euro entsprechen. Betriebs- und Wartungskosten wären dann nicht einmal ein Viertel dieses Ertrages. Die Hauptfrage lautet somit nun: Wie viel kostet die Anschaffung einer solchen Anlage?

Mit den heutigen Marktpreisen der Paneele und der Installationskosten - ohne Landkauf- oder Mietskosten - kann man davon ausgehen, dass eine Solaranlage in der Größe von einem Megawatt mit einer Million Euro machbar ist. Genau dieser Betrag ist aber in Ländern wie Griechenland nicht frei finanzierbar. Die Zinskosten von einem Darlehen in dieser Höhe am freien Markt würden die Einnahmen aus dieser Anlage übersteigen.

Insofern ist hier der Vorschlag eines "Solar-Marshall-Plans" nahe liegend: Wenn die Europäische Zentralbank (EZB) solche Investitionen für Solaranlagen in voller Höhe zinsenfrei und mit einer Laufzeit von 25 Jahren finanzieren könnte, dann wäre die Rechnung für Griechenland positiv. Die jährliche Rückzahlung an die EZB kann ohne Weiteres in Beträgen von 50.000 Euro erfolgen, was unter dem Strich einen Gesamtgewinn für den Kreditgeber bedeuten würde. So eine Investition mit Rückzahlungen aus Energie-Einnahmen ist für die EZB wohl viel sicherer, als so genannte "Ramschpapiere" von Banken aufzukaufen.

Ökologischer Zusatznutzen

Wenn man auf diese Weise einen "Solar-Marshall-Plan" von 100 Gigawatt entwirft, dann kann man diese Rechnung auf 100 Milliarden als EZB-Darlehen hinauf skalieren. So ein Marshall-Plan würde Griechenland zu einem Billig-Strom-Land und sogar zu einem Strom-Exporteur mit mehreren Milliarden Export-Einnahmen machen. Dieser Betrag, der möglicherweise etwas hoch erscheint, ist nach wie vor leicht in den unmittelbaren Finanzplänen der EZB und der Europäischen Kommission - mit Geldspritzen von über 1000 Milliarden Euro - unterzubringen.

Der Flächenbedarf für eine solche gigantische Solar-Investition wäre insgesamt 200.000 Hektar. Das bedeutet, dass man diese Fläche innerhalb eines Areals in der Größenordnung von circa 50 mal 50 Kilometer unterbringen kann. Mit einer so genannten "delokalisierten Planung" könnte man diese Flächen weiträumig so verteilen, dass sowohl die sinnvolle Nutzung der Flächen als auch die lokale Nähe zu den Stromkonsumenten gewährleistet werden kann.

Als zusätzlicher Benefit wäre mit dieser Strategie auch ein wertvoller Beitrag für unsere Umwelt zu gewinnen. Denn mit der Nutzung der eigenen erneuerbaren Energien würden die Kohlendioxid-Emissionen von Griechenland gemeinsam mit dem Handelsbilanzdefizit sinken: All das spricht für eine ökonomisch und ökologisch richtige Entscheidung.

Der Autor ist Wittgenstein-Preisträger (2012) und leitet u.a. das Institut für Organische Solarzellen an der J. Kepler-Universität Linz

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