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Erfolgreiche Botho-Strauß-Aufführung mit Star-Aufgebot am Wiener Burgtheater.

Wenn Paulus Manker als Schwager Oswald über das Leben, das Geld und die Frauen räsoniert, während Johanna Wokalek als sein dressiertes Weibchen Emilie unterwürfig seinen Wünschen nachkommt, bleibt kein Auge trocken. Das Publikum ist hingerissen von so viel Menschenverachtung und empfindet diesen Auftritt - sicher ein Höhepunkt des ganzen Abends - sichtlich weniger als schrecklich denn als schrecklich unterhaltsam.

Im Wiener Burgtheater steht eine Erstaufführung auf dem Programm: "Der Narr und seine Frau heute Abend in Pancomedia" von Botho Strauß. Was hier geboten wird, deutet sich schon zu Beginn an: ein Strauß aus Luft. Einen solchen imaginären Blumengruß überreicht der Kleinverleger Zacharias Werner (Uwe Bohm) der Jungautorin Sylvia Kessel (Anne Bennent), um mit ihr ins Geschäft zu kommen. Der ökonomische Überlebenskampf Werners im Dschungel des heutigen Kulturbetriebes zieht sich als roter Faden durch das Stück. Ein Hotel ist der Hauptschauplatz, ein Narrenschiff der Gegenwart, eine einzige in viele Sektoren zerteilte Drehtür (ein sehr gelungenes Bühnenbild von Karl-Ernst Herrmann). Das Kommen und Gehen, das Hasten und Smalltalken zwischen diesen Buchseiten ähnlichen Scheiben trifft die Befindlichkeit unserer Gesellschaft gut: Nicht die stabilitas loci, der ständige Wechsel von Orten, Jobs, Beziehungen und, wenn es weiterhilft, auch der Meinungen, ist ihr Merkmal. Dass das Hotel "Confidence" (Vertrauen) heißt, gehört bereits ins Satirische des Theaterabends, denn Vertrauen ist heutzutage dünn gesät.

Wie eine Nummernrevue um Geld und Sex rollt das von Regisseur Dieter Giesing inszenierte Stück, von Fred Fenner mit den richtigen Kostümen ausgestattet, temporeich ab: ob Model-Casting mit nackten Tatsachen, Fahrradreparatur, Varietéclowns, Sponsorsuche, Aufkaufen eines Verlages durch einen größeren, ein falscher Liftboy, Eklat im Restaurant, Hinausgeleiten einer Todkranken durch den "echten Liftboy". (Was wirklich ernst zu nehmen ist, fängt ja erst mit dem Tod an, heißt es einmal im Gespräch der Varietéclowns, aber dieses Stück hört dort schon auf.)

Botho Strauß liegt mit vielem nicht falsch. Wo die Welt noch nicht so ist, wie sie Strauß schildert, ist sie auf dem direktesten Weg, es zu werden. Doch da der Autor sehr viel hineinpackt, wird die Angelegenheit oft seicht. Im Grunde gibt er sich damit zufrieden, eine oberflächliche Epoche oberflächlich zu kritisieren und dabei nicht in die Tiefe zu gehen: Die Spaßgesellschaft soll an der Kritik an ihr auch noch ihren Spaß haben und nicht zum Nachdenken anfangen - "Pancomedia" heißt ja soviel wie totale Komödie.

Dem luftigen Strauß hilft neben Regie und Ausstattung, neben Paulus Manker, der wandlungsfähigen Johanna Wokalek und der Hauptdarstellerin Anne Bennent, vor allem das Großaufgebot hervorragender Miminnen und Mimen, teils in mehreren Rollen eingesetzt, auf die Beine: der stets überzeugende Peter Matic, die akrobatische Sylvie Rohrer, die Burg-Neuerwerbung Petra Morzé, das Komödiantenduo Branko Samarovski und Robert Meyer, das alte Paar Gusti Wolf und Heinz Frölich und viele, viele andere, die aufzuzählen der Platz nicht reicht. Das Premierenpublikum war zufrieden.

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