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Gerhart-Frankl-Ausstellung im Schloß Belvedere in Wien.

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Gerhart-Frankl-Ausstellung im Schloß Belvedere in Wien.

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Gerhart Frankl, bekannt als Maler im Umfeld des "Nötscher Kreises", flüchtete 1938 vor den Nationalsozialisten nach London. Nach Kriegsende versuchte der Künstler in Wien wieder Fuß zu fassen, doch die ersehnte Professur an der Wiener Akademie blieb ihm versagt. Frankl kehrte enttäuscht nach London zurück: Erst 1965 bekam er einen Ruf nach Wien, doch bevor er sein angestrebtes Lebensziel erreichen konnte, starb er. Anläßlich des bevorstehenden 100. Geburtstag des Künstlers zeigt die Österreichische Galerie Belvedere in Wien mit mehr als 60 Ölbildern, Zeichnungen und Graphiken eine große Retrospektive des vertriebenen, tiefsinnigen Künstlers, der zeitlebens auf der Suche war: nach Heimat, nach künstlerischer Identität und Anerkennung. Die Ausstellung ist nicht nur eine späte Wiedergutmachung. Sie ermöglicht dem Besucher, die künstlerische Entwicklung Frankls mit all den Kontinuitäten, aber auch Brüchen, nachzuvollziehen.

Besonders kraftvoll erscheint dabei das Frühwerk Frankls aus der Zeit vor seiner Emigration. Die farbintensiven, pastos gemalten Stilleben und Landschaften erinnern zwar an Frankls Lehrer Anton Kolig, zeigen aber bereits unverwechselbare Eigenheiten. Sehr einprägsam ist etwa das "Stilleben mit Puppe und Früchten" (1922), das sowohl stilistisch als auch thematisch in seiner Mischung aus Strenge und Lebendigkeit, einen spannenden Widerspruch aus Lebensfreude und Einsamkeit vermittelt.

Ein eigener Raum ist jenen Bildern der 60er Jahre gewidmet, in denen Frankl die Greueltaten des Naziregimes aufzuarbeiten versuchte. Erst über 20 Jahre nach der Ermordung seiner Eltern im KZ, hatte er die Kraft in Bildern wie "Der Wachturm" oder "Die Sandgrube" das Schicksal seiner Familie und von Millionen von Juden zu thematisieren.

Die späten "Bergphantasien", Ergebnis zahlreicher Reisen durch Frankreich und die Alpen, führen Frankls bereits im Frühwerk erkennbares Anliegen fort, sich an der Grenze zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion zu bewegen. Sie sind jedoch wesentlich "durchsichtiger" und aufgelöster als das Frühwerk. Hielten sich in den frühen Werken Zerbrechlichkeit und Kraft die Waage, so dominiert in späteren Arbeiten das Fragile und Transparente. Nicht erstaunlich angesichts Gerhart Frankls schweren Lebenswegs.

Gerhart Frankl. Bis 5. März 2000. Österreichische Galerie Belvedere, Prinz-Eugen-Str. 27, 1030 Wien, Tel. (01)79557-134.

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