Ein Thielemann für den ORF

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Kaum war das profil-Interview mit Gerhard Zeiler, in dem er seine Nicht-Kandidatur für den ORF-General bekanntgab und begründete, erschienen, wurden seine Argumente aufs Schönste bestätigt (s. auch "In medias res“, S. 17): Die Lager formieren sich - das Match lautet Rot-Grün-Orange gegen Schwarz-Blau. Der Regenbogen von der letzten ORF-Wahl ist also etwas weniger schillernd, blau fehlt, aber immer noch bunt genug für den farblosen Alexander Wrabetz.

Wobei am herzigsten die Aussage von SP-Geschäftsführerin Laura Rudas war: Die findet, dass sich die Parteizentralen generell "aus den Medien raushalten“ sollen. Klar, da geht ja die SPÖ seit Jahren mit leuchtendem Beispiele voran. Und dank dieser gnadenlosen Unbeirrbarkeit ist der ORF ja auch so was von unabhängig, dass man sich als Konsument fast ein bisschen orientierungslos fühlt. Weil aber auch die anderen Parteien nur diese Unabhängigkeit und nichts sonst im Kopf haben, sind gleich nach der Zeiler-Absage die Vertreter der Parteien und die ihnen, sagen wir: zuordenbaren Stiftungsräte ausgerückt, um Position zu beziehen.

Wo ist die VP-Medienpolitik?

Apropos Schwarz-Blau: Vielleicht sollte man besser Blau-Schwarz sagen? Denn einmal mehr - zumal medienpolitisch - macht die ÖVP keine besonders glückliche Figur. Zunächst ist schon einmal der Versuch schiefgegangen, die SPÖ-Front mittels Zeiler zu spalten (wobei ohnedies zu befürchten war, dass auch bei einem Antreten Zeilers die ÖVP gespalten dagestanden wäre, weil der eine oder andere Landeshauptmann Wrabetz eh ganz artig findet, aber das ist eine andere Geschichte). Jetzt aber gab sich VP-Chef Michael Spindelegger seltsam schwammig und sprach nur davon, dass er davon ausgehe, dass sich weitere Bewerber melden würden. Wovon Politiker immer ausgehen! Dafür treibt die FPÖ nun die ÖVP vor sich her: Generalsekretär Harald Vilimsky plädierte für einen gemeinsamen "nicht-sozialistischen“ Kandidaten und meinte keck, man müsse befürchten, dass die ÖVP zuletzt doch wieder einknicke und Wrabetz unterstütze. Ein Szenario, das, man muss es leider sagen, nicht ganz unplausibel ist.

Aber vielleicht tun alle der ÖVP unrecht und sie hat in der Schublade den genialen Masterplan, der, zum rechten Zeitpunkt umgesetzt, alle anderen alt aussehen lässt. Und der vor allem jemanden an die Spitze des Unternehmens bringt, der die Krise des ORF in den Griff bekommt: "Der ORF hat ein kreatives Problem, er hat ein finanzielles Problem, und er hat strukturelle Probleme. Aber alle diese Probleme sind lösbar“, so Zeiler - der mit dieser klaren Diagnose beileibe keine Einzelmeinung abgibt.

Mut zur eigenen Handschrift

Um an eine kulturpolitische Weichenstellung der letzten Tage anzuknüpfen: Man möchte dem ORF eine Lösung wünschen, wie sie den Salzburger Osterfestspielen nun mit Christian Thielemann und der Staatskapelle Dresden gelungen ist. Indes: Auch in der Kultur ist solches alles andere als selbstverständlich, in der Politik und in politiknahen Bereichen jedoch anscheinend so gut wie unmöglich. Dabei käme es in Zeiten der Verwechselbarkeit und Austauschbarkeit, des Hangs zum Gängigen und Gefälligen, der massenmedialen Nivellierung vor allem auf eines an: auf Persönlichkeiten, die imstande sind, dem ihnen anvertrauten Unternehmen ihren Stempel aufzudrücken, die den Mut zu einer eigenen Handschrift haben und die Fähigkeit eine solche sichtbar werden zu lassen, die Gestaltungswillen und Gestaltungskraft besitzen. Das gilt gleichermaßen für Politik, Wirtschaft, Medien, Kultur, Gesellschaft.

Mit Abstand am schwierigsten ist es wie gesagt im sogenannten politmedialen Biotop. Warum bloß? Wo sich doch Laura Rudas so bemüht, dass sich die Parteizentralen aus allem raushalten, was sie nichts angeht.

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