Ein Unfassbarer, der Musikgeschichte schrieb

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"Mann der 1000 Masken“, "Legende“, "Genie“, "Jahrhundertkünstler“ - schallte es wieder durch alle Medien, als am 24. Mai Robert Allen Zimmermans 70er gefeiert wurde. Der Musiker, der als Bob Dylan (Musik-)Geschichte schrieb, gilt heute - zu Recht - als einer der wegweisenden zeitgenössischen Künstler. Doch das war nicht immer so.

Es mutet heute fast als absurd an, dass Dylan während seiner 50-jährigen Karriere mehr Kritik als kaum ein anderer einstecken musste. Mehrheitlich von Fans und Journalisten, deren Erwartungen er schlicht nicht erfüllte.

Geliebt wurde er in den 60er-Jahren, als er mit Folksongs startete, welche Protest und Antikriegsbotschaften transportierten. Als Dylan sich jedoch Mitte des Jahrzehnts weigerte, sich von der Protestbewegung instrumentalisieren zu lassen, war es vorbei mit der Liebe. "Verräter“ schallte es aus den Reihen der Gegenkultur. Demonstranten belagerten das Haus des Musikers und bedrohten dessen Familie, damit dieser sich endlich gegen den Vietnamkrieg ausspreche. Dylan musste deshalb sogar umziehen und veränderte auch seinen Stil. Der Folk wich elektrifizierter Rockmusik mit kryptischen Texten. Fans und Presse waren entsetzt, bis Dylan 1970 ein Album mit Country-Songs veröffentlichte. Da wollten Fans und Kritiker die Rockmusik zurück.

Die größte Aufregung folgte jedoch als sich der Jude Bob Dylan öffentlich zum Christentum bekannte. Von 1979 bis 1981 veröffentlichte der Künstler drei Alben mit christlichen Texten im Gospelrock-Gewand. Für aufrechte Fans, linke Protestler und selbstgerechte Kritiker war damit der Künstler endgültig erledigt und Teil des Establishments.

30 Jahre später macht Dylan immer noch Musik - Blues, Folk, Gospel, Country und Rock. Seine Fans und Kritiker finden ihn - wieder - genial. Und Bob macht das, was er immer machte: gute Musik mit klugen Texten. Manchmal durchschnittlich, meist sehr gut, oft genial - jedoch selten nach den Erwartungen des Zeitgeistes.

Es ist unbestritten, dass sich Bob Dylan nie vor irgendeinen Karren spannen ließ und sich primär auf die Entwicklung seiner Musik konzentrierte. Sie bleibt auch der beste Weg den "Unfassbaren“ zu begreifen - und erst recht seine Musik.

Bob Dylan hat in einem Zeitraum von über 50 Jahren Hunderte Songs aufgenommen und 32 Studioalben veröffentlicht. Daher an dieser Stelle. Tipps & Tricks auch für FURCHE-Leser um sich den Welten des Bob Dylan anzunähern.

Für Einsteiger perfekt ist die Box "Biograph“. Diese umfasst auf 3 CDs die Jahre 1961 bis 1983 und liefert einen passablen Querschnitt über die frühe und mittlere Phase des Künstlers.

Für Kenner & Sammler sind die "The Original Mono Recordings 1962-1968“ unverzichtbar. Die ersten acht Alben in einer schmucken Box. Dazu gesellen sich dann noch: "Nashville Skyline“ (1969), "Blood on the Tracks“ (1975), "Slow Train coming“ (1979), "Oh, Mercy“ (1989), "Time out of Mind“ (1997) und "Modern Times“ von 2006. Wer zur Musik auch gerne ein gutes Buch liest, dem empfiehlt sich Bob Dylans "Chronicles“.

Ein großartiges Werk - es wird Zeit für den Literaturnobelpreis, den ihm seine Fangemeinde auch noch zutraut. Bis dahin - "Happy Birthday, Herr Zimmermann“.

* Der Autor ist Musik- und Filmberater und betreibt eine Eventagentur in Wien

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