Ein vergessener Maler ist wiederentdeckt

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Eindrückliche Werke Theodor Frieds sind der heurige Höhepunkt der jährlichen Ausstellung der Zinkenbacher Malerkolonie in St. Gilgen.

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Eindrückliche Werke Theodor Frieds sind der heurige Höhepunkt der jährlichen Ausstellung der Zinkenbacher Malerkolonie in St. Gilgen.

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Seit Mitte der 1990er-Jahre widmet sich eine engagierte Gruppe rund um Christine Steinmetzer der sukzessiven Wiederentdeckung der sogenannten "Zinkenbacher Malerkolonie". Von 1927 bis 1938 traf sich jeden Sommer eine heterogene Gruppe von Künstlern in Zinkenbach, einem Ortsteil von St. Gilgen an der Engstelle des Wolfgangsees. Viele dieser Künstler mussten 1938 fliehen. Seit 2001 hat diese "Malerkolonie" wieder am Wolfgangsee ein Heim gefunden: in der ehemaligen Volksschule von St. Gilgen. Jeden Sommer gibt es eine Ausstellung mit ihren Werken.

Die Tochter des Freundes verbreitet das Erbe

Das Jahr 2013 wird in die Museumsannalen eingehen: Die Museumsmacher erreichte ein Brief aus England von Eva Moore, Tochter des 1938 nach England emigrierten Wiener Kunsthistorikers Fritz Grossmann. Bei seiner Flucht hatte er - so Kuratorin Marie-Theres Arnbom, verdienstvolle Autorin und Historikerin -eine Reihe von Werken von Künstlern der Zinkenbacher Malerkolonie mitgenommen. Diese Werke blieben erhalten und sind nun durch Initiative Eva Moores teilweise in St. Gilgen zu sehen. Darunter waren viele Arbeiten Theodor Frieds, "ein Maler, dessen Name völlig vergessen ist" (Arnbom). Er war gebürtiger Ungar, gleich alt wie Grossmann (geb. 1902) und zeitlebens mit ihm befreundet.

Seine in St. Gilgen ausgestellten Werke sind eine wahre Entdeckung. Kein Wunder, dass der Großteil der Ausstellung ihm gewidmet ist. Eindrückliche Schwarz-Weiß-Arbeiten wie "Das Begräbnis", "Stillende Mutter" gemahnen an Käthe Kollwitz in Technik und Expressivität, ebenso das Bild "Mutter mit zwei Kindern", das jedoch eine ganz eigene Einfühlsamkeit und Zartheit ausstrahlt. Daneben sind herausragende Landschafts-und Blumenbilder zu sehen, besonders sticht Frieds deliziöses Portrait seines Sohnes Christophe (genannt Risto) hervor. Darauf ist eine Widmung an Fritz Grossmann zu lesen: "unserem Fritzchen, an Stelle manchen Briefes". Hier, wie auch in den Blumenbildern und den "Kletternden Buben", fällt eine fast fröhliche Farbigkeit auf. Herausragend auch das Bild "Schlafendes Paar", eine innige Szene, wie auch etliche seiner anderen Bilder mit Kreide gemalt, was dem Ganzen eine wunderbare Leichtigkeit gibt. Es ist Nacht, doch die Nacht ist nicht bedrohlich oder düster, sie umhüllt sorgsam das Paar, so wie die beiden auch einander zu behüten scheinen.

Während Grossmann zunächst ein Jus-Studium absolvierte und in einer Bank arbeitete, um seinem Vater gerecht zu werden, studierte Fried von 1920 bis 1923 in Budapest Kunst und kam dann nach Wien, wo er Grossmann traf, woraus eine lebenslange Freundschaft werden sollte. Schon bald konnte Fried erste Erfolge in der Galerie Heller feiern. 1925 ging er nach Paris, 1927 heiratete er die Wienerin Anny Politzer, deren Autobiographie eine der Hauptquellen zu Fried ist. Er war zwar Teil des Pariser Kunstlebens - er nahm an Ausstellungen teil, ein enger Freund aus der Zeit war der Fotograf André Kertesz - musste sich aber mit allen möglichen Arbeiten durchschlagen, so baute er unter anderem Marionettenfiguren.

Nach 83 Jahren wieder in Europa

Immer wieder kam er nach Österreich, wo seine Arbeiten 1930 bei der Ausstellung "Die Kunst in unserer Zeit" neben Werken Picassos und Munchs im Wiener Künstlerhaus zu sehen waren. Frieds Familie emigrierte 1938 in die USA, er gelangte erst 1942 auf Umwegen nach New York. Seine Ehe zerbrach, mit seiner zweiten Frau Maria Engelhardt gründete er 1949 die Kunstschule an der Hudson Guild in New York.

Eva Moore-Grossmann und ihr Mann kamen zur Ausstellungseröffnung am 13. Juli nach St. Gilgen. Die Freude war ihr anzusehen, als sie darauf hinwies, dass einzelne Bilder von der guten Freundschaft ihres Vaters mit den Künstlern zeugten. 83 Jahre, so schreibt die Kuratorin Marie-Theres Arnbom im ausgezeichnet gestalteten Katalog, waren diese Bilder nicht in Europa zu sehen. Höchste Zeit also - es bleibt zu wünschen, dass sie bald auch woanders gezeigt werden.

Bilder aus dem Koffer

Museum Zinkenbacher Malerkolonie

5340 Sankt Gilgen

bis 13.Oktober, Di-So 15-19 Uhr

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