Ein Wiener Bürgermeister träumt

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Als er nach dem Weinlesefest des kleinsten Wiener Weingartens sich plötzlich am Tor zur Hölle befand, hatte der Bürgermeister den Code vergessen. Kein Schmäh half da, keine Drohung. Das rote Teuferl in der Portierloge gab sich unbestechlich. Es wollte jene Leistungen sehen, die den gewichtigen Herrn zum Genuss der höllischen Freuden berechtigten. So etwas war dem Bürgermeister in seiner lebenslänglichen Amtszeit noch nicht passiert.

Wie ein Tauberl flog er mit seinem höllischen Begleiter von Ort zu Ort. Beim einstigen Eislaufverein gab's schon die erste Rüge. Das dortige Hochhaus war mit seinen lächerlichen 73 Metern Höhe nur etwa doppelt so hoch geraten wie das noch immer nicht abgerissene, hässliche Konzerthaus. Auch die von coolem Chic geprägte Architektur des neuen Viertels um den Hauptbahnhof wird durch den provinziellen Baustil des nahen Schlosses Belvedere empfindlich gestört.

Ob Steinhofgründe oder Krankenhaus Lainz, keine Radikalität bei der Verbauung von Brachland. Zu wenig Freude am Zerstören von Zeugnissen wohlüberlegter Stadtplanung. Immer noch zu wenig offene Geschäftemacherei und zu geringe Verschuldung. Man merkt, der Bürgermeister ist kein gebürtiger Wiener. Kein Mut zu radikalen Entscheidungen und urbanem Chaos. Ganz Wien hätte Seestadt werden sollen. Und immer noch vorgestrige Nischen und Objekte. Das Riesenrad ist ein Schandfleck im Disneyland Prater. Auf dem Naschmarkt wird die Fressmeile immer noch durch vereinzelte Obststandln verunziert.

Zuletzt noch der Gang ins Rathaus, einem der letzten Gebäude ohne zeitgemäßen Dachaufbau. Auch dort wird dem Herrn Bürgermeister der Eintritt verwehrt. Wer sein Nachfolger ist, will er wissen? Durst -eine gewisse Conchita? Ein Weibsbild und ausgerechnet Durst? Hatte er sich verhört? Jetzt ist dem Bürgermeister schon alles wurst und er wacht auf.

Der Autor ist Kulturmoderator beim Privatsender ATV

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